Eine stillgelegte Baustelle in Wien zu Beginn des ersten Lockdowns.
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Österreichs Bauwirtschaft war im Corona-Jahr 2020 eine wichtige Stütze. Zwar herrschte während des ersten Lockdowns auf heimischen Baustellen ein zweiwöchiger Stillstand, seit dem Sommer läuft die Branche allerdings wieder auf Normalniveau, während weite Teile der Gesamtwirtschaft noch von der Krise gebeutelt werden.

Konkret bedeutet dies laut Prognosen des Wifo vom Dezember: Insgesamt ist Österreichs reale Wirtschaftsleistung im Vorjahr um 7,3 Prozent eingebrochen, die Bauinvestitionen sind es nur um 3,2 Prozent.

Leichter Aufwärtstrend

Damit ist die Bauwirtschaft einer der Bereiche mit dem geringsten Minus, wie Wifo-Experte Michael Klien betont – und der Aufwärtstrend sollte zunächst anhalten, zumal der Bau vom derzeitigen Lockdown nicht direkt betroffen ist.

"Im Jahr 2021 erwarten wir eine vollständige Erholung", sagt der Bauökonom angesichts eines prognostizierten Wachstums der Bauinvestitionen um 3,1 Prozent. Erfreulich, aber auch naheliegend, wenn heuer anders als 2020 am Bau durchgearbeitet werden kann.

Was selbst ein kurzer Stillstand ausmacht, zeigt ein Blick nach Deutschland, wo es auch im ersten Lockdown keine generelle Zwangspause gab: Dort verzeichnete der Sektor trotz Krise ein Plus.

"Die Corona-Pandemie geht zwar auch an der deutschen Bauwirtschaft nicht spurlos vorbei", sagt Claus Michelsen vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung, "wir reden aber von einem weniger starken Plus, unter dem Strich also immer noch einem Wachstum."

In Österreich vereinbarten die Sozialpartner zwei Wochen nach Beginn des ersten Lockdowns ein Sicherheitskonzept, auf dessen Basis die Baustellen wieder hochgefahren wurden. Zu dem zweiwöchigen Ausfall kamen Reibungsverluste beim Wiederhochfahren, die laut Peter Scherer, stellvertretender Geschäftsführer des Fachverbands der Bauindustrie in der Wirtschaftskammer, durchaus erheblich sein können.

Er verweist auf Probleme mit der Materiallogistik und fehlende Mitarbeiter, wobei der Bau mit seinen vielen ausländischen Arbeitskräften von den Grenzschließungen besonders betroffen gewesen sei.

Durchstarten am Bau

"Es ist schon viel Zeit vergangen, bis es wieder auf normalem Niveau gelaufen ist", sagt Scherer. Dennoch betont Wifo-Experte Klien, dass die Erholung am Bau "sehr, sehr schnell" vonstattenging: "Das war ein Durchstarten der Bauwirtschaft."

Allerdings, so wie in Deutschland wäre der Motor hierzulande auch ohne den Stillstand nicht gelaufen. Ein Vergleich hinkt in der Bauwirtschaft, da die Konjunkturzyklen zeitlich verschoben sind. Denn in Österreich waren schon vor der Corona-Krise leichte Verschleißerscheinungen auszumachen.

"Wir befinden uns schon am Ende des Wirtschaftszyklus", sagt Klien über die heimische Bauwirtschaft, die ihren Gipfel hierzulande bereits im Jahr 2017 erreicht habe.

Das sieht auch Scherer so: Im Wohnbau spüre man, dass das Bevölkerungswachstum nachlasse, die Baugenehmigungen seien auf einem hohen Niveau leicht rückläufig. In diesem Bereich würden thermische Sanierungen immer bedeutender.

Der restliche Hochbau hänge von der Gesamtwirtschaft ab, wobei der Bürobau schon vor Corona verhalten gewesen sei. Nun bekomme naturgemäß Homeoffice noch mehr Gewicht. Und aus manchen Branchen wie dem Tourismus seien derzeit auch keine großen Investitionen zu erwarten.

Flaute in Gemeindekassen

Im Tiefbau hänge auch vieles davon ab, wie weit die Investitionsprogramme des Bundes die Einnahmenausfälle der Kommunen im Corona-Jahr abfedern können.

Scherer hofft jedenfalls, dass sich die Vergangenheit nicht wiederholen möge und es nicht wieder zu einem Durchhänger wie nach der Finanzkrise kommt: "Nach den Jahren 2008 und 2009 waren die öffentlichen Kassen leer. Das hat man lange gemerkt, der Tiefbau hat sich spät erholt." (Alexander Hahn, 18.1.2021)