Eruiert noch, wie der Schichtbetrieb an den Schulen nach den Semesterferien aussehen soll: Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP).

Foto: APA/Georg Hochmuth

Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) war sich in der Sache erst sicher, als die Situation begann, immer unsicherer zu werden. Die Schulen sollten am 25. Jänner wieder öffnen. Das verkündete der Minister vor nicht einmal einer Woche. Da war die gefährliche Virusmutation aus Großbritannien gerade dabei, die Lockdown-Pläne der Bundesregierung nach und nach völlig über den Haufen zu werfen. Nun ist klar: Die Schulen werden erst nach den Semesterferien den Präsenzunterricht wieder aufnehmen können – und zwar im Schichtbetrieb. Wie dieser aussehen soll, konnte Faßmann am Sonntag bei einer Pressekonferenz allerdings noch nicht beantworten.

Das passt ins Bild der vielen Unklarheiten, die die Schulen seit Anbeginn dieser Krise begleiten. Bevor die Rückkehr der Schüler ins Klassenzimmer ursprünglich kurz vor knapp um eine Woche – auf jenen 25. Jänner – verschoben werden sollte, war lange Zeit überhaupt nicht klar, ob und wann es im Wintersemester eigentlich überhaupt noch zu einem Präsenzunterricht kommen soll. Für Eltern, die Kinder zu Hause betreuen, war und ist dies kein leichtes Unterfangen.

Lehrer fordern Richtlinie für die Benotung

Da der Präsenzunterricht erst nach den Semesterferien wieder aufgenommen werden soll, kommt es in manchen Bundesländern zu Verschiebungen – Kritik wird laut. In Wien und Niederösterreich öffnen die Schulen am 8. Februar, in allen anderen eine Woche später. Dafür verlegen Oberösterreich und die Steiermark ihre Semesterferien um eine Woche nach vorne. Elternvertreter befürchten in jenen Bundesländern zusätzlichen Druck durch die Vorverlegung von Schularbeiten. Auch müssten Eltern womöglich ihren Urlaub zur Kinderbetreuung früher einplanen, was zu Problemen mit Arbeitgebern führen könnte.

Geben soll es wie in "normalen" Schuljahren auch eine Schulnachricht am Ende des ersten Semesters. Faßmann meinte dahingehend: "Derzeit ist nicht die Zeit der Härte, sondern die Zeit der Milde." Pflichtschullehrergewerkschaftschef Paul Kimberger (FCG) weiß offensichtlich nicht so recht, was das bedeuten soll. Er fordert eine Richtlinie des Bildungsministeriums ein, nach welchen Kriterien das Semester ohne Präsenzunterricht beurteilt werden soll.

Noch unklar ist, wie der Schichtbetrieb an den Schulen nach den Semesterferien konkret vonstattengehen soll. Faßmann schwebt vor, dass es pro Klasse für eine Gruppe Präsenzunterricht gefolgt von einem Tag für Hausübungen geben soll. Die andere Gruppe macht es umgekehrt. Ob die Schülerinnen und Schüler künftig vor Ort ebenfalls eine FFP2-Maske tragen müssen, ist noch offen und werde mit Kinderärzten und dem Gesundheitsministerium besprochen.

Jetzt wird in der Nase gebohrt

Ab heute, Montag, beziehungsweise spätestens am Dienstag sind an den Schulen die neuen Corona-Selbsttests im Einsatz. Je nachdem, wann die Lieferungen eintreffen. Berufsschulen sowie land- und forstwirtschaftliche Schulen bekommen ihre Testkits ein bisschen später, laut Bildungsministerium aber auch noch diese Woche.

Da der Präsenzunterricht verschoben wurde, werden die Selbsttests allerdings vorläufig ohnehin nur bedingt angewendet. Nämlich nur von jenen Schülern, die derzeit zur Betreuung im Klassenzimmer sind. Über alle Bundesländer und von der ersten bis zur achten Schulstufe gezogen, sind derzeit laut Ministerium 14 Prozent der Schüler vor Ort beziehungsweise ein Fünftel der Volksschulkinder.

Die Corona-Selbsttests, die künftig jeden Montag freiwillig durchgeführt werden können, sollen insofern leicht anzuwenden sein, da ein einfacher Abstrich mit einem Tupfer im vorderen Nasenbereich ausreicht. Im Vorführvideo auf der Seite des Bildungsministeriums heißt es dazu: "Kinderleicht wie Nasenbohren!" Das Ergebnis soll nach 15 Minuten vorliegen.

Volksschüler bekommen die Tests immer nach Hause mit. Für unter 14-Jährige braucht es zudem eine Einverständniserklärung der Eltern, bevor gemeinsam getestet werden kann. Wenn der Präsenzunterricht der AHS-Unterstufe und der Mittelschule wieder beginnt, werden die Schüler zunächst eingeschult, wie sie richtig in ihrer Nase bohren. Ab dann sollen sie den Selbsttest entweder zu Hause machen können oder gemeinsam mit den anderen Klassenkolleginnen und Klassenkollegen in der Schule.

FPÖ: "Herr Bundeskanzler, sperren Sie die Schulen auf"

Die Freiheitlichen sind über die jüngsten Pläne des Bildungsministers erzürnt. Das Thema Schulöffnung verbleibe nur noch im Konjunktiv, poltert FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl. Die Halbwertszeit der Aussagen des Ministers dahingehend werde immer kürzer.

"Herr Bundeskanzler sperren Sie die Schulen wieder auf", verlangt daher der blaue Bildungssprecher, Hermann Brückl. Niemand verstehe, warum die Skilifte offen haben, aber die Schulen nicht. Dieses "Chaos" hätte nach Ansicht Brückls drei Probleme aufgezeigt: Das Auf- und Zusperren der Schulen führe zu Lerndefiziten sowie Bildungsrückständen und -verlusten. Zudem sei die Psyche der Schülerinnen und Schüler in den vergangenen Wochen und Monaten sehr belastet worden, sagt Brückl. Hinzu komme ein gesundheitlicher Aspekt, da Sport und Bewegung ausbleiben würden. "Die soziale Isolation schädigt unsere Kinder massiv", kritisiert Brückl.

SPÖ: Derzeit möglichst wenige Kinder in Betreuung schicken

SPÖ-Partechefin Pamela Rendi-Wagner sprach sich angesichts der Virenmutation dafür aus, dass derzeit möglichst wenig Kinder zur Betreuung in die Schule gehen sollen. Jedenfalls solange es nicht genug Expertise darüber gebe, um das Risiko der Mutation für Schulkinder einschätzen zu können. Rendi-Wagner forderte darüber hinaus, dass der Rechtsanspruch auf Sonderbetreuungszeit auch dann gelten müsse, wenn die Schulen grundsätzlich zur Betreuung offen sind. Derzeit gilt der Anspruch nur, wenn auch die Betreuung nicht möglich ist.

Am Sonntag forderte wiederum die Bildungssprecherin der SPÖ, Sonja Hammerschmid, den ausgefallenen Präsenzunterricht mit Schulstunden im Sommer aufzuwiegen. "Zum Aufholen für alle SchülerInnen soll daher auch der Juli genutzt werde", meinte Hammerschmid. Den regulären Maturastart ab 19. Mai hält sie für "kaum haltbar". (Jan Michael Marchart, 18.1.2021)