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Rechtsextreme im Kapitol.

Foto: Manuel Balce Ceneta / AP

Das Ende kam schnell: Innerhalb weniger Tage haben nicht nur Apple und Google die Apps von Parler aus ihren App Stores geworfen, vor allem entzog Amazon der Twitter-Alternative für stramm Konservative bis Neonazis den Zugang zu den eigenen Cloud-Diensten – und genau dort lief der Dienst zuvor. Seit mehr als einer Woche ist der Dienst nun offline, zu mehr als dem Aufstellen einer "Bitte warten"-Webseite hat es bislang trotzdem nicht gereicht. Generell gibt es gewisse Zweifel daran, dass Parler jemals wieder in dieser Form online gehen wird, so schwer wurde der Dienst durch diese Ereignisse – aber auch die negative Außenwirkung – getroffen.

Berichterstattung

Die rasche Entfernung von Parler hatte aber auch negative Nebeneffekte – verschwand damit doch eine wichtige Quelle für die Aufarbeitung der Ereignisse. Immerhin hatten sich die Angreifer nicht nur teilweise über Parler organisiert, sie haben vor allem dort auch eifrig über die Ereignisse berichtet. Glücklicherweise ist in den Stunden zuvor der in Wien lebenden Hackerin donk_enby ein echter Coup gelungen: Dank grober Sicherheitsdefizite in den Schnittstellen von Parler ist es ihr gelungen, sämtliche Materialien zeitgerecht zu archivieren.

Genau dieses Datenmaterial wird nun für eine Fülle von interessanten Projekten genutzt. So hat Propublica anhand von 500 Videos eine visuelle Timeline der Ereignisse des 6. Jänner erstellt. Direkt aus der Perspektive der Parler-Nutzer kann man so nachverfolgen, wie alles mit der Ansprache von US-Präsident Donald Trump begann und wie sich Angreifer dann zum Kapitol aufmachten, um dieses zu stürmen. Videos, die sicherlich auch bei der laufenden strafrechtlichen Auswertung der Ereignisse eine wichtige Rolle spielen werden. Insofern bietet das Archiv als Quelle sogar einen Vorteil gegenüber dem echten Parler. Immerhin wäre davon auszugehen, dass sonst viele User angesichts der aktuellen Strafverfolgungswelle ihre Videos bereits gelöscht hätten

Standort

Ein Fehler der Parler-Programmierer führt zudem dazu, dass die Videos im Original gesichert werden konnten – und zwar samt aller Metadaten. Das heißt, dass in den meisten Fällen auch bekannt ist, wo sie aufgenommen wurden. Diesen Umstand haben mittlerweile einige Projekte genutzt, um eine andere Form der Visualisierung der Abläufe zu erstellen. So hat der Entwickler Patr10tic hunderte Videos auf einer Google-Maps-Karte verzeichnet, von wo sie dann direkt aufgerufen werden können. (apo, 18.1.2021)