Als sozialer Ort der Diskussion seien die Unis online kaum ersetzbar, findet Uniko-Chefin Sabine Seidler.

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Die meisten Uni-Studierenden haben seit knapp einem Jahr keinen Hörsaal mehr von innen gesehen, in den kommenden Tagen geht das bereits zweite Pandemie-Semester zu Ende. Die Situation geht auch am Seelenleben vieler Studierender nicht spurlos vorüber: "Wir merken einen deutlichen Anstieg bei der Inanspruchnahme psychologischer Beratungsangebote", sagte die Präsidentin der Universitätenkonferenz (Uniko), Sabine Seidler, am Dienstag. Bei einer Pressekonferenz präsentierte die Uniko-Chefin ihren Ausblick auf das kommende Sommersemester.

Seidler berichtete von einer gewissen Müdigkeit, die mittlerweile auch an den Unis Einzug gehalten habe. Die Universität als sozialen Ort des Diskurses könne man online nicht kompensieren, und für die Lehrenden sei es bisweilen frustrierend, ohne unmittelbares Feedback in einen Bildschirm zu dozieren. Seidler hofft daher auf eine schnellstmögliche Rückkehr in den Präsenzbetrieb, rechnet allerdings mit starken Beschränkungen noch bis zum Ende des Sommersemesters. Um mehr Präsenz im Rahmen eines Hybridbetriebs zu ermöglichen, müsse man jedenfalls auf Tests und Impfungen setzen.

Fragezeichen zur Beschaffung von Tests

Eine konkrete Teststrategie steht allerdings noch nicht fest. Wissenschaftsminister Heinz Faßmann (ÖVP) hatte jüngst im STANDARD-Interview erklärt, er könne sich für die Unis eine konzertierte Beschaffungsaktion von Nasenbohrer-Selbsttests – analog zu den Schulen – vorstellen. Seidler sagt dazu, die Unis würden bei der Beschaffung jedenfalls finanzielle Unterstützung des Ministeriums brauchen. Ein flächendeckendes "Reintesten" sei wegen der kurzen Gültigkeitsdauer der Tests indes nicht organisierbar, meint Seidler. Doch für bestimmte Lehrveranstaltungen – etwa dialogintensive Seminare – und Prüfungen hält sie das Konzept für sinnvoll. Die Uniko-Chefin erwartet außerdem eine hohe Impfbereitschaft von Studierenden und Uni-Mitarbeitern, jedoch seien die Hochschulen nur auf der vorletzten Prioritätsstufe des nationalen Impfplans gereiht.

Neuregelung Kettenverträge

Gemischt fiel Seidlers Einschätzung zur Neuregelung der Kettenverträge in der türkis-grünen Uni-Novelle aus. Man sei damit etwas zufriedener als mit dem Status quo, generell gebe es auf dem Gebiet keine idealen Lösungen. Ähnlich wie Minister Faßmann baut Seidler auf die Verantwortung der Unis, den befristet angestellten Wissenschaftern eine Perspektive anzubieten. Für die Lektoren sehe sie die Neuregelung allerdings durchaus kritisch, sagte Seidler. Hintergrund: Ein großer Teil der Lehrbeauftragten wird von ihrer Uni mit aufeinanderfolgenden befristeten Verträgen beschäftigt, künftig darf die Maximaldauer einer solchen Kette bei Lektoren nur mehr sechs Jahre betragen. Betroffene fürchten, dass sie nach Ablauf der sechs Jahre aus dem System fallen und de facto nicht mehr lehren dürfen, weil sie nicht fix angestellt werden. Dieses Szenario könne angesichts der großen Zahl an potentiell verfügbaren Lehrbeauftragten tatsächlich zu Problemen führen, befand Seidler. (Theo Anders, 19.1.2020)