"Stranger Things"-Star Natalie Dyer als Alice in "Yes, God, Yes".

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Wien – Sex vor der Ehe? Ab in die Hölle! Sex nicht zum Zwecke der Fortpflanzung? Satan wartet schon! Gar an sich selbst Hand anlegen? Das ewige Feuer der Verdammnis ist nicht weit! Für den streng katholischen erzogenen Teenager Alice ist das Leben alles andere als leicht. Der körperliche Akt ist für sie in Karen Maines gelungenem Regiedebüt "Yes, God, Yes" vor allem ein großes Fragezeichen, das sie nur zu gern genauer beleuchten würde. Ab sofort abrufbar bei Amazon Prime.

In der Hauptrolle der naiv-neugierigen Alice überzeugt "Stranger Things"-Star Natalie Dyer. Schnell wird in der leichtfüßig inszenierten Komödie deutlich, dass an Alice' Highschool die selben Regeln gelten wie sonst auch: Klatsch und Tratsch bestimmen das Geschehen auf den gottesfürchtigen Fluren. So wundert es nicht, dass ein anzügliches Gerücht über sie und einen Mitschüler schnell den Weg zum Lehrer- und Priesterkollegium findet, das darüber gar nicht erfreut ist.

Trailer zu "Yes, God, Yes".
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Was also tun, wenn selbst die beste Freundin Laura (Francesca Reale) missmutig die Augenbrauen zusammenzieht? Ein paar Ave Maria sind nicht genug, es muss schon ein Wochenendlager der Schule sein, wo man an sich selbst und – natürlich – der Liebe zu Gott arbeiten kann. Laura ist ebenfalls mit von der Partie, gilt es doch, einige "coole" Mitschülerinnen kennenzulernen. Für Alice wiederum wird der Ausflug zum idyllischen See letztlich ein Spießrutenlauf zwischen weiteren Versuchungen (die wilden Armhaare von Footballstar Chris!) und den Erwartungen, die an sie als junge Christin gestellt werden. Und erst die Möglichkeiten, die das Internet eröffnet!

Setting im Jahr 2000

Maine, die neben der Regie auch für das Drehbuch verantwortlich zeichnet, hat mit "Yes, God, Yes" (in der deutschen Übersetzung übrigens mit dem völlig überflüssigen Untertitel "Böse Mädchen beichten nicht" versehen) eine schwungvolle kleine Komödie hinbekommen, die genau an den richtigen Stellen auf das Innenleben ihrer Protagonistin eingeht. Dyer versteht es dabei, die Zerrissenheit ihrer Figur mit nur wenigen Gesten und einem stets offen-verwunderten Blick zu vermitteln. Zudem bietet das Setting im Jahr 2000 einige nette Einfälle in Sachen Cybersex und fehlgeschlagenen Aufklärungsversuchen im World Wide Web, die aus heutiger Sicht fast schon antiquarisch wirken.

Vor allem aber nimmt Maine ihr Thema trotz des lockeren Tonfalls ernst und lässt es nicht in Absurditäten abdriften. Für die Jugend im erzkonservativen Mittleren Westen der USA, noch dazu an einer katholischen Schule, scheinen die Irrungen und Wirrungen der Teenagertage wie eine besonders große Herausforderung – da müssen sogar Leonardo DiCaprio und Kate Winslet mit ihrer äußerst dezenten "Titanic"-Sexszene als Vorlage herhalten. Als Alice nach vier harten Tagen Bibelcamp dann zum verbalen Rundumschlag ansetzt und ihre Mitschüler wie Lehrenden (und Priester) anhält, sich lieber selber an der Nase zu nehmen, will man am liebsten laut mitjubeln. (APA, 19.1.2021)