Der 20. Jänner ist der Tag der Amtsübergabe in den USA. Die sieht 2021 etwas anders aus. Statt eines Zuschauermeers gibt es heuer nur ein Flaggenmeer, für Musik ist aber gesorgt.

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Mit einem ganzen Bündel von Dekreten will Joe Biden schon an seinem ersten Tag im Oval Office Akzente setzen. Noch am Mittwoch hat der neue Präsident eine Reihe sogenannter "executive orders" unterzeichnet, die nicht der Zustimmung des Parlaments bedürfen. Die beiden wichtigsten: Er hat den von Donald Trump verfügten Austritt aus dem Pariser Klimaabkommen rückgängig gemacht und zum anderen ein Einreiseverbot kassiert, das sein Vorgänger für Bürger islamisch geprägter Länder, etwa des Iran, Libyens oder Syriens, verfügt hat. Darüber hinaus hat er bereits skizziert, was er sich für seine ersten 100 Tage im Weißen Haus vorgenommen hat.

Die wichtigsten Punkte

  • Corona-Pandemie: Bis Ende April sollen 100 Millionen Amerikaner gegen das Virus geimpft werden. Die Nationalgarde wird eingesetzt, um quer durchs Land provisorische Impfzentren zu errichten. In Gebäuden des Bundes, in Flugzeugen, Zügen und Fernbussen soll eine Maskenpflicht gelten. Der Kongress soll ein 1,9-Billionen-Dollar-Paket beschließen, damit der Kampf gegen die Epidemie finanziert werden, den Amerikanern über den nächsten Krisenabschnitt geholfen und die Konjunktur angekurbelt werden kann. So soll es Direktzahlungen in Höhe von 1.400 Dollar pro Kopf geben. Damit das Parlament entsprechende Gesetze verabschiedet, müssen die Demokraten angesichts einer hauchdünnen Mehrheit im Senat geschlossen hinter ihrem Präsidenten stehen. Da Biden das Überparteiliche betont, wäre es symbolisch von enormer Bedeutung, wenn auch der eine oder andere Republikaner dafür stimmt.

  • Gesundheitssystem: Biden möchte die 2010 beschlossene (von Trump trotz mehrerer Anläufe letztlich nicht ausgehebelte) Gesundheitsreform Barack Obamas stärken und erweitern. Er will Millionen von Menschen absichern, die entweder nie krankenversichert waren oder im Zuge der Corona-Krise mit ihrem Arbeitsplatz auch ihre an den Arbeitgeber gekoppelte Police verloren. Erstmals soll es die Möglichkeit geben, als Alternative zu privaten Anbietern eine öffentliche Krankenversicherung zu wählen. Den Vorschlag der Linken um Bernie Sanders, auf ein rein steuerfinanziertes System umzustellen und die schon jetzt vom Staat organisierte Gesundheitsfürsorge für Senioren (Medicare) auf alle auszudehnen, lehnt Biden ab.

  • Klimapolitik: Noch vor seinem 100. Tag im Amt möchte Biden Vertreter der stärksten Industrienationen zu einem Klimagipfel einladen. Eine Gipfelkonferenz in Washington, möglicherweise auch ein rein virtueller Kongress, würde den Kontrast zur Politik seines Vorgängers markant unterstreichen. Die Treibhausgasemissionen der USA sollen nach seinem Plan bis 2050 netto auf null sinken. Kurzfristig gedenkt er, als Erstes den Bau der Pipeline Keystone XL, durch die Öl aus der kanadischen Provinz Alberta an die texanische Golfküste gepumpt werden soll, zu stoppen.

  • Einwanderung: Den Bau der Mauer an der Grenze zu Mexiko, des Trump'schen Symbols für einen restriktiveren Kurs, will Biden unverzüglich einstellen lassen. Seine Regierung, kündigte er an, werde die Mauer nicht um einen einzigen Meter verlängern. Für rund elf Millionen illegal eingewanderte Migranten versucht der Demokrat, einen Weg zu finden, der zunächst in die Legalität und nach acht Jahren zur Staatsbürgerschaft führt. Noch im Jänner ist dazu mit einer Gesetzesinitiative zu rechnen. Auch die "Dreamer", die im Kindesalter im Schlepptau ihrer Eltern beziehungsweise eines Elternteils ins Land kamen, ohne Papiere, aber de facto auch ohne Mitspracherecht, will er aus dem juristischen Schwebezustand holen. Ihnen wird eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung in Aussicht gestellt.

  • Bildung: Kinder aus Familien, deren Jahreseinkommen 125.000 Dollar nicht übersteigt, sollen in Zukunft gebührenfrei studieren können. Biden hat auch hier schnelles Handeln avisiert, braucht aber die Zustimmung des Kongresses.

  • Außenpolitik: Der neue Mann steht für die Pflege von Allianzen mit Verbündeten. Dazu gehören ein klares Bekenntnis zur Nato und eine dramatisch verbesserte Zusammenarbeit mit der EU, mit deren multilateralem Charakter der Nationalist Trump nichts anzufangen wusste. Europa dürfte indes nur ein Nebenschauplatz sein. Ganz oben auf der Prioritätenliste steht die Frage nach der Zukunft der Beziehungen zu China. Biden hat einen Gipfel der Demokratien ins Spiel gebracht, um Peking unter Druck zu setzen. Er soll noch im Frühjahr stattfinden. Das Anfang Februar auslaufende New-Start-Abkommen mit Russland, eine Säule internationaler Rüstungskontrolle, will er in letzter Minute retten. (Frank Herrmann aus Washington, 20.1.2021)