Noch einmal gutgegangen: Am 8. Jänner ist es zu einem Frequenzabfall im europäischen Stromnetz gekommen, ein Blackout konnte vermieden werden. Ursache war eine Netzüberlastung im Südosten Europas.

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In vielen Teilen der Welt gehören Stromausfälle zum Alltag; großflächige Blackouts kommen seltener vor, passieren aber immer wieder – Anfang des Jahres etwa in Pakistan, kurz davor in China. Europa und damit auch Österreich sind am Freitag, 8. Jänner, haarscharf daran vorbeigeschrammt.

Knapp zwei Wochen später kann ausgeschlossen werden, dass die erneuerbaren Energien schuld am Beinahe-Blackout waren. In diese Richtung sind kurz nach Bekanntwerden des Vorfalls Spekulationen gegangen. Grundtenor: Die zunehmende Präsenz von Wind- und Solarenergie im Strommix sorge aufgrund ihres nicht steuerbaren Aufkommens für Instabilität im Netz. Das provoziere großflächige Ausfälle geradezu.

Fehlende Netzreserve

"Erneuerbare Energien haben in dieser Situation keine Rolle gespielt. Es gab eine Überlastung des Systems in Südosteuropa. Eine Leitung ist ausgefallen, das hat zu einer Kaskade von Ausfällen geführt", sagte Vorstandsdirektor Gerhard Christiner von Austrian Power Grid (APG) am Dienstag in einer Pressekonferenz mit Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) und E-Control-Chef Wolfgang Urbantschitsch.

Offenbar habe es dort, wo die automatischen Abschaltungen den Ausgang genommen haben, nicht genügend Netzreserve zur kurzfristigen Stabilisierung des Systems gegeben, merkte Urbantschitsch an. Auch dies sei Gegenstand laufender Untersuchungen auf europäischer Ebene. Ziel sei es, aus solchen Vorkommnissen zu lernen, damit Vergleichbares nicht wieder passiere. Der Abschlussbericht steht noch aus.

Ministerin Gewessler betonte, die Stromversorgung in Österreich sei trotz der angespannten Situation "zu keinem Zeitpunkt in Gefahr gewesen". Die Mechanismen, die von den europäischen Übertragungsnetzbetreibern immer wieder auf sich ändernde Situationen angepasst würden, hätten gegriffen. "Nach einer Stunde war der Spuk vorbei, der Riss durch das europäische Stromnetz behoben", sagte APG-Vorstand Christiner.

Notfallmechanismus hat gegriffen

Das europäische Verbundnetz, das von Portugal bis Rumänien und von Italien bis zur deutschen Küste reicht, ist an besagtem Freitag kurz nach 14 Uhr in einen südosteuropäischen und einen zentral/westeuropäischen Teil zerfallen. Der Riss war innert 30 Sekunden vollzogen und ging von Rumänien über Serbien bis Bosnien-Herzegowina. In dieser Region, die zu diesem Zeitpunkt an die 3.000 Megawatt Strom Richtung Westen exportierte, gab es wegen schlagartig fehlender Abnehmer plötzlich eine Abweichung von der Normalfrequenz, die plus/minus 50 Hertz beträgt, von rund 600 Millihertz nach oben. Im Westteil gab es aufgrund der Unterdeckung einen Frequenzabfall von knapp 300 Millihertz, was deutlich zu viel ist.

Im Südosten wurde sodann Erzeugung vom Netz genommen, im Westteil alles zugeschaltet, dessen man habhaft wurde, insbesondere Laufkraftwerke. Gleichzeitig wurden in Frankreich und Italien große Verbraucher vom Netz genommen. Kurz nach 15 Uhr war die Situation unter Kontrolle, das europaweite Verbundsystem wieder hergestellt.

Bis zu 15 Milliarden Euro werden nach vorliegenden Plänen in den kommenden zehn Jahren in die Verstärkung des Stromnetzes allein in Österreich investiert. Rund drei Milliarden davon seien laut vorliegenden Anträgen für Projekte im Bereich des Hochspannungsnetzes vorgesehen, der Löwenanteil für die Stärkung der Verteilnetze. (Günther Strobl, 19.1.2021)