Skifahrerstatue in Kitzbühel, dahinter die Streif, auf der ab Freitag zwei Abfahrten und ein Super-G steigen sollen.

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Huber ist als OK-Chef das Improvisieren gewohnt.

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"Es hätte ein unglaubliches Doppelwochenende in Kitzbühel werden können. Aber wie heißt es oft im Leben? Wie gewonnen, so zerronnen", sagt Michael Huber, Chef des Organisationskomitees der Hahnenkammrennen. Das Großevent mit fünf Veranstaltungen an zwei Wochenenden ist wegen des Corona-Clusters mit 18 Mutationsverdachtsfällen in Jochberg bei Kitzbühel geplatzt. Neben dem Ersatzslalom in Wengen musste man auch den Klassiker am Ganslernhang an Flachau abtreten.

Keine Vorwürfe

Es gibt freilich Schlimmeres. "Die Leute in Jochberg waren geschockt und wirklich am Sand", erzählt Huber, der auch als Präsident des Kitzbüheler Skiklubs K.S.C. fungiert. Der promovierte Sportwissenschafter verliert kein böses Wort über die Jochberger und hält sich auch bezüglich der betroffenen Skilehrerlehrlinge vornehm zurück. Das wiederum können die Kitzbüheler nur bedingt nachvollziehen. "Wie du dir auf die Zunge beißen kannst, das gibt es ja überhaupt nicht", bekommt er zu hören.

Via Facebook hat der Sohn von Fritz Huber, der seinerzeit dem Kitzbüheler Wunderteam um Toni Sailer angehört hatte und sein Vorgänger als K.S.C.-Boss war, den Jochbergern großen Dank ausgesprochen. "In der Hoffnung, irgendetwas retten zu können, haben sich nahezu alle testen lassen", sagt der 55-Jährige. "Das ist ein unglaubliches Zeichen von Solidarität."

Expertenfrage

Die Entscheidung der Gesundheitsbehörde, die Slaloms abzusagen, sei "ganz ohne Widerspruch zu akzeptieren, weil es eine schwierige Zeit ist", sagt Huber, der sich als Experte in organisatorischen Dingen sieht und kein Urteil in Gesundheitsfragen abgeben will. "Man soll nicht jammern darüber, was man nicht hat, sondern gerade jetzt dankbar sein dafür, was man machen darf. Ich stimme nicht ins große Wehklagen ein."

Man sei ein Risiko eingegangen. Wäre man nicht flexibel, stünden normal Super-G, Abfahrt und Slalom auf dem Programm. "Aber wir waren wieder einmal bereit, den Sport zu unterstützen", sagt Huber. Nun könne man nicht mischen wie beim Kartenspiel, es brauche Stabilität, daher fällt der Slalom am Ganslern flach. Das war bisher nach dem Zweiten Weltkrieg witterungsbedingt nur 1964, 1988 und 1993 der Fall, als es in Kitzbühel gar keine Rennen gab.

Bescheiden

Man hofft nun, zumindest die drei Speedrennen am Wochenende über die Bühne zu bringen, wenngleich die Wetteraussichten bescheiden sind und in Zeiten wie diesen ohnehin alles ungewiss ist. "Wo immer ich herumspaziere, sage ich jedem im OK, passt auf, es sind noch ein paar Tage bis Sonntag!"

In Kitzbühel versteht man zu improvisieren. Von den vergangenen 30 Rennen seien nur sieben nach Plan gefahren worden. "Bei den anderen mussten wir zaubern", sagt Huber. "Von dem her sind wir mit einer gewissen Erfahrung ausgestattet." Immerhin komme heuer, was die Flexibilität bei Verschiebungen betrifft, erleichternd hinzu, dass "einer der Hauptpartner" wegfalle: die Zuschauer. Apropos: Huber will nicht ausschließen, dass auch heuer der eine oder andere dennoch betrunken herumtorkelt. "Was das anbelangt, bin ich ein vorsichtiger Mensch. Aber es werden nicht tausend sein", sagt er und verweist sogleich auf den Lockdown, die Ausgangsbeschränkungen und auf die starke Polizeipräsenz, mit der zu rechnen sein wird.

Kein Jammern

Auch ausbleibende Zusehereinnahmen sind für Huber kein Grund zu jammern. "Wir sind ein kleines Punkterl, wenn ich bedenke, dass es kein Weihnachts-, kein Silvester-, kein Geschäft in den Semesterferien im Skitourismus und für den Handel gibt." Und die moralische Frage bei Skirennen? "Die Hahnenkammrennen sind nationales Kulturgut, ein Fixpunkt. Wenn sie nicht stattfinden, fallen die Leute noch mehr in ein Loch." So trage man etwas zur Hoffnung aufs Comeback der Normalität bei. Zunächst heißt es aber hoffen und bangen. "Jeden Tag aufs Neue weiß man nicht, was der nächste Tag bringt." (Thomas Hirner, 19.1.2021)