Es fällt schwer, Giuseppe Conte als Sieger zu sehen.

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Eines muss man Giuseppe Conte lassen: Er hat Kämpferqualitäten. Vor eineinhalb Jahren wollte ihn sein damaliger Innenminister Matteo Salvini loswerden, um sich selbst an die Spitze der Regierung zu setzen. Salvinis wenig durchdachter Putschversuch misslang – der Lega-Chef hat sich von der Blamage bis heute nicht ganz erholt.

Jetzt versuchte es der "andere Matteo", Ex-Premier Renzi. Auch dieser scheiterte kläglich, weil Conte erneut die Nerven behielt und den Widersacher, genau wie zuvor Salvini, ins Leere laufen ließ. Dem einstigen Hoffnungsträger Renzi droht nun definitiv das Versinken in der politischen Bedeutungslosigkeit.

Dennoch fällt es schwer, Conte als Sieger zu bezeichnen. Er hat zwar die Vertrauensabstimmung mit 156 zu 140 Stimmen gewonnen und kann im Amt bleiben – aber seine Regierung verfügt im Senat nun nur noch über eine einfache Mehrheit. Vor allem aber ist die neue Koalition noch heterogener als die alte. Die beiden großen Regierungsparteien, die Fünf-Sterne-Bewegung und der PD, werden nun unter anderem auch von einigen versprengten ehemaligen Berlusconi-Parteigängern und von einer Postfaschistin unterstützt – ein Sammelsurium von Überläufern, die ihre Verlässlichkeit erst noch unter Beweis stellen müssen. Das Haltbarkeitsdatum der neuen Koalition ist mehr als ungewiss.

Imageschaden für das Land

Es erscheint fraglich, ob die neue Regierung in der Lage sein wird, die enormen Herausforderungen zu meistern, vor denen Italien steht. Das Land befindet sich nach wie vor mitten in der Pandemie und gleichzeitig in einer dramatischen wirtschaftlichen, finanziellen und sozialen Krise. Brüssel wartet immer noch darauf, von Rom einen detaillierten und genehmigungsfähigen Plan zur Verwendung der 209 Milliarden Euro vorgelegt zu erhalten, die im Rahmen des EU-Recovery-Fund für Italien vorgesehen sind. Die Aufgabe ist mit den neuen Bundesgenossen nicht einfacher geworden.

Hinzu kommt der – in Italien immer unterschätzte – Imageschaden, den das Land in den letzten Chaos-Tagen erlitten hat: Vor allem in Europa, das Italien großzügig unter die Arme greift, ist viel Vertrauen verspielt worden. Contes Sieg ist rein numerischer Natur – politisch gesehen kennt die nun vorerst beendete Regierungskrise nur Verlierer. (Dominik Straub aus Rom, 19.1.2021)