Einer von zahlreichen Deals des vergangenen Jahres im Segment Wohnen: Die deutsche ZBI AG erwarb im Dezember ein Neubauprojekt mit 265 Wohneinheiten in der Breitenfurter Straße in Wien-Liesing von Entwickler Süba AG. Der Ankauf erfolgte für den offenen Immobilienfonds UniImmo: Wohnen ZBI.

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3,5 Milliarden Euro wurden 2020 von institutionellen Investoren in österreichische Immobilien oder Immobilienprojekte gesteckt, im Jahr davor waren es noch sechs Milliarden. EHL-Investmentchef Franz Pöltl sieht aber nicht unbedingt einen Absturz, sondern "eine wirklich gute Marke", wenn man bedenke, dass fast das ganze Vorjahr von einer Pandemie beeinträchtigt war, und dass selbst im Boomjahr 2007 kurz vor der Finanzkrise "nur" 2,5 Milliarden Euro erreicht worden waren.

Insgesamt gab es bisher nur in den Jahren 2017 bis 2019 jemals bessere Zahlen als 2020. "Mit mehr Reisemöglichkeiten wäre 2020 wahrscheinlich das zweit- oder drittbeste Jahr der Geschichte geworden."

Wohnen übernahm die Führung

Was von den Investoren gefragt war, ist eindeutig: Wohnimmobilien haben erstmals die Führung übernommen, knapp vor den Büros (38,1 Prozent bzw. 36,3 Prozent des Gesamtvolumens). Weit abgeschlagen folgten Logistik (7,7 Prozent), Einzelhandel (5,2 Prozent), gemischt genutzte Immobilien (3,4 Prozent) und Hotels (3,1 Prozent). Allerdings: "Die größte Nachfrage gab es nach Logistikimmobilien, hier gab es nur viel zu wenig Produkt", erläuterte Pöltls Co-Geschäftsführer Markus Mendel am Dienstag in einer Online-Pressekonferenz.

Die Reihung des Vorjahres mit Wohnen und Logistik sowie Top-Büroimmobilien als "Investor’s Darling" werde man wohl auch im heurigen Jahr unverändert sehen, so Mendel. "In diesen Segmenten tummeln sich heuer nämlich auch Investoren, die man letztes Jahr noch nicht gesehen hat." Es wird also auf krisensichere Segmente umgeschwenkt: weniger Hotel, weniger Einzelhandel, vor allem mehr Wohnen.

Wohnen nicht nur in Wien und Graz gefragt

Neubau-Wohnungsprojekte werden zunehmend nicht nur in Wien, sondern in manchen Landeshauptstädten von Investoren gesucht. In Graz ist das schon länger der Fall, zunehmend werde aber auch Linz attraktiv, ebenso Salzburg, dort gebe es aber ein schon "schwieriges" Preisniveau. Und manche Investoren weiten ihr Spektrum noch weiter aus, nehmen auch St. Pölten bzw. an Wien angrenzende Städte wie Klosterneuburg ins Visier. In Innsbruck und Klagenfurt sei schlicht die mangelnde Verfügbarkeit von Investmentobjekten ein Hindernis.

Was den Investoren jedenfalls wichtig sei: Transparenz. "Institutionelle Anleger müssen ihren Anlegern beweisen können, dass der Markt funktioniert", so Mendel. Ein Markt müsse liquide sein, er brauche also eine gewisse Größe, auch um ein Exitszenario zu bieten – das heißt, schnell einen Käufer zu finden, wenn man verkaufen muss. EHL will diese gewünschte Markttransparenz künftig noch mit dem einen oder anderen Marktbericht einer österreichischen Stadt – neben den bereits existierenden Berichten über den Wiener und den Grazer Markt – liefern. Man erstelle aber auch jetzt schon fallweise für Investoren eigene Marktberichte, die nicht publiziert werden, so Pöltl.

Reisebeschränkungen bremsen

Die Rückgänge in den Segmenten Hotel und Retail seien deutlich, doch es würden sich bereits erste Investoren schon wieder zaghaft dafür interessieren. "Bis man auf dem Niveau von 2019 ist, wird’s noch dauern, aber es ist nicht so, dass alle nur den Kopf einziehen", meinte Pöltl.

Was den Markt noch empfindlich beeinträchtigt, sind die geltenden Reisebeschränkungen. "Es gibt Investoren, die Objekte nur dann kaufen, wenn sie sie persönlich gesehen haben und das nicht an einen Anwalt oder Berater delegieren wollen." Deshalb habe man es derzeit auch primär mit Investoren zu tun, "die im Zweifel auch mit dem Auto anreisen können", zum Beispiel also aus Deutschland. Deutsche Investoren haben 2020 in Österreich klar die Führungsrolle übernommen, sie waren für 51 Prozent des Volumens verantwortlich (2019: 23 Prozent), zu 42 Prozent kamen die Investoren aus Österreich (2019: 47 Prozent), zu fünf Prozent aus der Schweiz (2019: acht Prozent). Weil die Reisebeschränkungen noch andauern, werde das wohl heuer ganz ähnlich sein, erwartet man bei EHL.

Schielen auf Notverkäufe

Und manche Investoren würden sich auch bereits dafür rüsten, dass es zu Notverkäufen kommt, so Pöltl. "Sie bevorraten Liquidität, um dann im Fall des Falles schnell reagieren zu können." Eine Reihe an Investoren hoffe ganz gezielt auf solche Gelegenheiten – "im Moment müssen wir sie aber noch enttäuschen. Das eine oder andere wird wohl kommen, einen großen Run erwarten wir aber nicht." (Martin Putschögl, 20.1.2021)