Wien – Herr B. ist 54 Jahre alt, hat vier Studienabschlüsse, arbeitet als Unternehmensberater und ist aus seiner Sicht und der seines Verteidigers Wolfgang Jantscher ein sozialer Mensch. Staatsanwalt Christoph Wancata ist ganz anderer Meinung: Er hat gegen B. und seinen Bruder Anklage wegen Betrugs erhoben. Sie sollen als Vorstände mehrerer Vereine versucht haben, Menschen um ihr Geld zu bringen, ist er überzeugt.

Das Verfahren gegen den verhinderten Bruder scheidet Richter Thomas Kreuter aus. Bleibt also Herr B., der sich nicht schuldig bekennt. Die Vereine hätten als Unterstützungskassen zum Ziel gehabt, Arbeitnehmer zu unterstützen, wenn sie ihren Job verlieren, führt er aus. Auf der Homepage eines noch aktiven Vereins liest sich das so: Den Mitgliedern werde "für einen pauschalen Unterstützungsbetrag von 25 Euro Unterstützung (...) bei Arbeitslosigkeit (...) nach dem Umlageverfahren" gewährt. Bis zu einem Jahr sollte es Geld geben.

Viele Hürden vor dem Geld

Hört sich gut an, wie so oft liegt die Tücke im Detail. Denn das Werbeversprechen ist doch ein wenig sehr verknappt: Man musste mindestens sechs Monate Vereinsmitglied sein, überhaupt eine Chance hatte man nur bei einer Arbeitgeberkündigung, die musste man innert einer Woche dem Verein melden, und dann gab es Geld frühestens zwei Monate nach dem ersten Bezug des Arbeitslosengeldes. Und: Selbst diese Chance war vage, denn ob und wie viel Geld man bekam, hing von der Liquidität des Vereins ab.

Und die beurteilte der Vorstand des Vereins, der laut Statuten nicht abgewählt werden konnte: die Brüder B. Die zahlenden Mitglieder waren nicht wahlberechtigt, da sie mit ihrem Beitritt nur außerordentliche Vereinsmitglieder wurden.

Finanzmarktaufsicht wurde misstrauisch

Dass eine derartige Konstruktion den Argwohn der Finanzmarktaufsicht und in weiterer Folge der Staatsanwaltschaft erweckt, ist durchaus nachvollziehbar. Noch dazu, da B. sich in guten Jahren 1.000 bis 2.000 Euro im Jahr als Honorare an eine andere Firma von sich auszahlen ließ.

Nicht rechtskräftig freigesprochen wird der Angeklagte dennoch. Denn erstens standen alle Bedingungen im Kleingedruckten, dessen Lektüre man beim Vereinsbeitritt bestätigte. Einige Zeugen geben freimütig zu, das ignoriert zu haben. Der Angeklagte berichtet auch, dass in all den Jahren niemand die Vereinsstatuten angefordert habe. Überraschenderweise wissen einige der Erschienenen auch gar nicht, wieso sie Opfer sein sollen, da sie Geld erhalten haben. Der Richter kann keine Betrugsabsicht erkennen, denn "dann stünde jede Versicherung mit einem Bein im Kriminal". (Michael Möseneder, 20.1.2021)