Kleinere Kinder können ganz schön unverschämt sein. Die meisten reagieren ziemlich intolerant, wenn sich Papa und Mama für acht Stunden an den Schreibtisch verdrücken wollen. Diverse Belustigungen vom Hörspiel bis zur Bastelei lassen sich nicht endlos dehnen, irgendwann geht der Nachwuchs in den Belagerungsmodus über. An einen ernsthaften Arbeitstag ist da nicht zu denken.

Die meisten Kinder reagieren ziemlich intolerant, wenn sich Eltern an den Schreibtisch verdrücken wollen.
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Wer das aus Erfahrung weiß, für den nimmt die aktuelle Debatte nicht nur weltfremde, sondern fast schon beleidigende Züge an. Wegen zu hoher Infektionszahlen mehren sich die Aufrufe, die trotz Lockdowns an Schulen und Kindergärten angebotene Betreuung zu reduzieren – und so mancher Wortführer tut dabei so, als könne man sich im Homeoffice ja eh locker um die Sprösslinge kümmern. Zuletzt forderte Lehrergewerkschafter Paul Kimberger: Betreuung solle nur Kindern offenstehen, deren Eltern in systemrelevanten Jobs arbeiten.

Wie alle anderen dann Arbeit und Kinder gleichzeitig schupfen sollen, verriet er nicht. Den stundenlangen Einsatz des Fernsehers wird der Standesvertreter, der pädagogische Expertise für sich in Anspruch nimmt, ja hoffentlich nicht empfehlen. Urlaub zu verbrauchen verlagert das Problem nur in die Zukunft. Denn wohin mit den Kindern in den Sommerferien? Die Patentlösung aus normalen Tagen fällt ebenfalls flach: Springen Großeltern, Freunde und Nachbarn zur Betreuung ein, ist bei der Pandemiebekämpfung nichts gewonnen.

Kein Ausweg

Auch der Staat bietet keinen verlässlichen Ausweg. Zwar gewährt die Regierung jedem Elternteil vier Wochen Sonderbetreuungszeit und ersetzt den Unternehmen die Kosten. Doch Rechtsanspruch darauf gibt es nur, wenn Schulen und Kindergärten gar keine Betreuung anbieten. Derzeit sind Familien also auf das Wohlwollen des Arbeitgebers angewiesen.

Es ist nachvollziehbar, wenn sich dieser querlegt, um nicht eine Arbeitskraft zu verlieren. Ebenso leuchtet es ein, dass sich viele Eltern erst gar nicht um eine Auszeit bemühen. Weil die Krise Jobs bedroht, rennen die Leute um ihr Leiberl – oder haben zumindest das Gefühl, es tun zu müssen.

Sollen weniger Kinder in Schulen und Kindergärten gehen, braucht es also klare Verhältnisse: einerseits eine Vorschrift, wer zu Hause zu bleiben hat, andererseits das Recht auf Freistellung von der Arbeit ohne Wenn und Aber. Eine Lösung, die Eltern in ein unlösbares Dilemma stürzt, ist keine. (Gerald John, 21.1.2021)