Die Ärztin in dem Altenheim, die den Bürgermeister von Feldkirch nicht beim Impfen vordrängen lassen wollte – vor den Vorhang. "Es sind noch so viele Leute draußen gestanden, die eine Impfung dringender benötigt hätten", sagte sie den "Vorarlberger Nachrichten".

Zivilcourage, in Österreich fast so streng rationiert wie der Corona-Impfstoff. Amtliche Anmaßung, völlig fehlendes Unrechtsbewusstsein von Klein-Kaisern, im Ranking der blödesten Ausreden ganz weit oben ("Ich werfe ja altes Brot auch nicht weg") – das ist auch Österreich.

Österreich ist auch, dass einer der Polizei-Einsatzleiter bei der Demonstration gegen die Corona-Maßnahmen offensichtlich ganz pitschipatschi mit einigen der rechten Obskurantisten ist, die sich an der Organisation beteiligten. Das Innenministerium "evaluiert", heißt es. Immerhin scheint dort etwas zu dämmern. Österreich ist aber auch, wenn die Schulen seit vergangenem Sommer völlig unvorbereitet sind auf die Corona-Gefahr und wenn bei der Anlieferung der Masken für die Lehrer und der Schnelltests für Lehrer und Schüler ein Pallawatsch erzeugt wird.

Österreich hat ein recht dichtes Geflecht an Amtsträgern, Behörden, "zuständigen Stellen". Ein Erbe der Monarchie, über 100 Jahre später noch vorhanden. Das funktioniert häufig überraschend gut, hat aber oft auch eine Untertanenmentalität erzeugt. Und es gibt wohl zu wenig Zivilcourage wie die der Ärztin in Feldkirch. (Hans Rauscher, 20.1.2021)