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Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg soll zu Fällen in griechischen Flüchtlingslagern Stellung nehmen.

Foto: Reuters/ VINCENT KESSLER

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat bezüglich der griechischen Flüchtlingslager einen Fragenkatalog an die griechische Regierung gerichtet. Die Untersuchung basiert auf acht Fällen von besonders vulnerablen Asylwerbern, die von NGOs an den EGMR herangetragen wurden. Dabei geht es vor allem um nicht ausreichende medizinische Versorgung, inhumane Lebensbedingungen und einen Fall einer mutmaßlich widerrechtlichen Inhaftierung.

Die Fälle wurden im Zuge einstweiliger Maßnahmen, die man in dringenden Fällen beantragen kann, beim EGMR vorgebracht. Sowohl die griechische Regierung als auch die NGOs müssen nun dazu Stellung beziehen. Der EGMR kann danach basierend darauf ein Urteil fällen. "Da es dafür keine Frist gibt, ist allerdings unklar, wie lange das dauert", sagt die Juristin Elli Kriona Saranti von der griechischen NGO Hias, die einen der Fälle betreut.

Kein Einzelfall

Dabei geht es um eine Frau, die bei einer Vergewaltigung in ihrem Heimatland mit HIV infiziert wurde. Vier Monate nach ihrer Ankunft auf der griechischen Insel Lesbos sei die Diagnose bestätigt worden. Die Frau sei jedoch trotz Anratens von Ärzten nicht zur Behandlung in ein entsprechendes Krankenhaus verlegt worden, sagt Saranti. Erst nach sechs Monaten ohne Behandlung und einem Kollaps sei der Frau eine Behandlung ermöglicht worden. "Das ist kein Einzelfall", sagt Saranti. Sie betreue noch vier weitere HIV-Patienten im Zeltlager Kara Tepe, die keinen Zugang zu einer lebensnotwendigen Behandlung hätten.

Bei den anderen Fällen, die von anderen NGOs betreut werden, geht es unter anderem um einen Asylwerber auf der Insel Kos, der trotz Covid-19-relevanter Vorerkrankung keine medizinische Behandlung bekommen haben soll, und einen alten Mann, der ebenfalls auf Kos auf dem nackten Boden habe schlafen müssen, obwohl er kaum fähig sei, sich zu bewegen, heißt es in den Ausführungen der NGOs. Auch der Fall einer Frau, die auf Kos vier Monate ohne Zugang zu medizinischer, rechtlicher oder psychologischer Hilfe in Abschiebehaft gesessen sein soll, ist darunter. "Diese Schicksale spiegeln die Schicksale von Tausenden wieder", heißt es in einer Aussendung von Hias.

Derzeit leben laut Zahlen des Uno-Flüchtlingshochkommissariats (UNHCR) rund 18.500 Migranten und Flüchtlinge auf den fünf griechischen Inseln der östlichen Ägäis. In den vergangenen Tagen hat es in Griechenland geschneit, in der Nacht zeigt das Thermometer zuweilen Minusgrade an. Die 7.400 Menschen im Zeltlager Kara Tepe auf Lesbos leben nach wie vor großteils ohne Heizung und Zugang zu ausreichend Sanitäranlagen in Zelten. (jop, 21.2.2021)