Wurde nach dem Attentat im November in aller Eile formell geschlossen: Die Tewhid-Moschee in Wien.

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In aller Schnelle schlossen Innenminister Karl Nehammer und Integrationsministerin Susanne Raab (beide ÖVP) nach dem Attentat von Wien im vergangenen November formell zwei Moscheen, in denen auch der Terrorist K. F. gebetet hatte. Mit dem Argument, dass Gefahr im Verzug sei, soll Raab die Islamische Glaubensgemeinschaft (IGGÖ) dazu gebracht haben, ihrem Ansinnen bei der Tewhid-Moschee in Wien-Meidling zu folgen. Diese ist seit 2016 infolge des Islamgesetzes bei der Glaubensgemeinschaft registriert. Für die zweite Moschee ist die IGGÖ formell nicht zuständig.

Die Tewhid-Moschee, die auch Anlaufpunkt für Salafisten war, wehrt sich allerdings seit geraumer Zeit gegen ihre Schließung. Ihr Betreiber brachte zwei Beschwerden ein. Eine richtete sich gegen die Entscheidung des Obersten Rats der IGGÖ, wie der STANDARD berichtete. In der Zwischenzeit ging aber auch eine weitere Beschwerde gegen die Vereinsauflösung bei der Vereinspolizei ein. Die hat nun entschieden – und zwar zugunsten des Moscheebetreibers.

Gesetzesverstoß nicht nachweisbar

Die Auflösung des "Vereins zur Förderung der islamischen Kultur" wurde aufgehoben. Laut dem Spruch der Vereinspolizei, der dem STANDARD vorliegt, habe sich zwar gezeigt, dass der Attentäter des Terroranschlags von Wien "als Teil einer größeren Personengruppe mit islamistisch-extremistischer Ideologie mehrere Monate regelmäßig die Tewhid-Moschee besucht hatte". Jedoch habe niemand in dieser Gruppe eine Funktion im Moscheeverein innegehabt und sei auch nicht in der Moschee unterstützend tätig gewesen. Es sei nicht erweisbar, "dass durch den Verein aktiv Personen zur Teilnahme am bewaffneten Jihad in Krisengebieten aufgerufen bzw. zur Teilnahme ermutigt worden sind". Auch sei nicht erweisbar, dass im Verein "Jihad-verherrlichende Predigten oder Ähnliches getätigt wurden". Da laut Vereinspolizei nicht nachweisbar ist, dass der Moscheeverein beziehungsweise dessen Organe oder Mitglieder gegen Gesetze verstoßen haben, "war daher spruchgemäß", also zu seinen Gunsten zu entscheiden.

Laut Behörde gehe aus einem Aktenvermerk des LVT Wien hervor, dass die Tewhid-Moschee seit Jahren "von Personen mit radikal extremistischem islamistischem Gedankengut frequentiert werde". Laut Bescheid heißt es, dass man nicht belegen könne, dass die Moschee als "ständiger Treff" benutzt worden sei, "jedoch sei eine derartige Agitation des Öfteren beobachtet worden".

"Der Verein ist mit dieser Entscheidung voll rehabilitiert", sagt dessen Anwalt Georg Rihs. "Im Verfahren hat der Verein der Vereinsbehörde sämtliche Predigten aus 2019 und 2020 vorgelegt. Diese wurden geprüft und für unbedenklich befunden. Damit wurden die diffusen Anschuldigungen gegen den Verein endgültig widerlegt und der rechtskonforme Zustand endlich wiederhergestellt." Eine Radikalisierung des Attentäters sei laut Anwalt aufgrund der Sprachbarriere nicht möglich:, dieser sei Albanisch-sprachig und spreche kaum Arabisch. In der Moschee sei auf Bosnisch, Arabisch und Deutsch gepredigt worden. Zu prüfen bleibe nun, "ob die Kosten, die dem Verein durch diese rechtswidrige Vorgehensweise entstanden sind, vom Bund im Amtshaftungswege eingefordert werden", erklärte Rihs.

IGGÖ ließ eigene Frist verstreichen

Eine weitere Beschwerde gegen die Entscheidung des Obersten Rats der IGGÖ liegt schon länger beim internen Schiedsgericht der Islamischen Glaubensgemeinschaft. Der Betreiber der Tewhid-Moschee brachte diese bereits Mitte November ein. Laut der Verfassung der IGGÖ hätte sich das Schiedsgericht allerdings innerhalb von zwei Wochen zusammenfinden und binnen acht Wochen eine Entscheidung treffen müssen. Bis zuletzt lag aber kein Ergebnis des Gremiums vor.

Laut IGGÖ hat der Bescheid der Vereinspolizei keine Auswirkungen auf das Verfahren des Schiedsgerichts. Dieses könnte noch diese Woche eine Entscheidung fällen. Sollte die Schließung der Moschee auch aus Sicht des Schiedsgerichts nicht ausreichend begründet gewesen sein, könnte ihr ihre Rechtspersönlichkeit auch seitens der IGGÖ wieder zuerkannt werden. (Jan Michael Marchart, 8.3.2021)