Anfang kommender Woche steht dem notorischen Babyelefanten ein Wachstumsschub ins Haus. Aus einem Meter Mindestdistanz von Mensch zu Mensch, um Infektionen mit dem Coronavirus zu verhindern, werden im Rahmen der dritten Covid-19-Notverordnung zwei. Eine Maßnahme, die von Virologen, Infektiologen und Epidemiologen sehr begrüßt wird und die angesichts der Risiken, die von infektiöseren Virusmutationen ausgehen, auch sinnvoll erscheint.

Der Babyelefant bekommt ein Wachstumsschub.
Foto: APA/dpa/Julian Stratenschulte

Das Problem ist nur: Im täglichen Leben wird der verdoppelte Mindestabstand oft nur schwer einzuhalten sein. In geschlossenen Räumen, in denen man laut der neuen Verordnung dann zusätzlich eine FFP2- oder höherwertige Maske tragen muss, mag es noch gehen; die Boden-Distanzmarker vor den Supermarktkassen etwa können mit nur geringem Aufwand umgeklebt werden.

Doch wer nicht in einem Einfamilienhaus mitten auf dem Land residiert, sondern vor seiner Haustüre durchschnittlich belebte Straßen und Plätze vorfindet, der oder die weiß: Zwischen Hauswänden und geparkten Autos ist der Platz knapp bemessen. Durchgehend zwei Meter Abstand zwischen Passant und Passant sind hier Illusion, vor allem tagsüber. Auch die erlaubten Treffen mit einzelnen haushaltsfremden Personen im Freien dürften über die vorgeschriebenen zwei Meter hinweg eher unattraktiv sein.

Was aber ist der Sinn solch strenger Regelungen, die vielerorts gar nicht eingehalten werden können? Es gehe darum, den Menschen indirekt zu vermitteln, dass sie bis auf weiteres gar niemanden treffen und querdurch daheimbleiben sollten, vermutet der Verfassungsrechtsexperte Bernd-Christian Funk. Wenn er recht hat, so dürfte die Ratlosigkeit der Regierung in der Pandemie eine neue Stufe erreicht haben – in Gestalt von schwarzer Pädagogik, über die Bande gespielt. (Irene Brickner, 22.1.2021)