"Jeder, der am Sturm auf das Kapitol teilgenommen hat, soll zur Rechenschaft gezogen werden": Worte, die in den vergangenen Tagen nicht nur aus den Reihen der US-Politik immer wieder zu hören waren – sie wurden nun auch zur Inspiration für ein durchaus kontroverses Projekt: eine Webpage, die sich zum Ziel gesetzt hat, bei der Identifizierung sämtlicher Angreifer mitzuhelfen.

Auswertung

"Faces of the Riot" nennt sich das Unterfangen, für das 827 Videos vom Angriff auf das Kapitol ausgewertet wurden. Mithilfe von Maschinenlernen wurden dabei 6.000 einzelne Gesichter ausgemacht. Diese werden in einem simplen Gitter auf der Webseite aufgelistet, zudem wird auf die entsprechende Stelle in einem Video verlinkt, wo sie zu sehen sind, um auch einzuordnen, woran sie beteiligt waren.

Die Basis für all das bieten einmal mehr auf dem rechten Twitter-Pendant Parler von den Nutzern selbst gepostete Videos. Diese wurden von einer Hackerin in den Stunden vor der Abschaltung des Dienstes gesichert und fanden schon für andere Projekte ihren Einsatz. So hat etwa "Propublica" daraus eine Timeline zusammengestellt, mit der die Ereignisse im Detail nachverfolgt werden können.

Fehler

Eine Schwäche der Seite ist natürlich, dass sie nicht unterscheidet, warum jemand dort war, sich zum Teil also auch noch Polizeibeamte oder Journalisten auf der Liste finden. Der Betreiber gesteht dieses Defizit ein, betont aber, dass man gerade daran arbeite, das Bildmaterial entsprechend zu bereinigen. Dafür hofft man auf die Mithilfe der Community.

Kritik

Doch auch sonst sorgt das Projekt nicht überall für Begeisterung. So sieht Evan Greer von der Bürgerrechtsorganisation Fight for the Future darin vor allem einen Beleg für die Gefahren von Gesichtserkennung. Wer sich über den jetzigen Einsatz freue, sollte sich vergegenwärtigen, dass solche Technologien sonst überproportional zum Schaden von Minderheiten zum Einsatz kommen. Dem halten die Betreiber der Seite gegenüber "Wired" entgegen, dass man genau aus diesem Grund bewusst auf die Nennung von Namen verzichte. Stattdessen fordert man die Internet-Community auf, die Bilder durchzugehen und etwaige Hinweise an das FBI zu melden.

Trotzdem zeigt das Beispiel natürlich, wie fortgeschritten und vor allem für jeden zugänglich entsprechende Technologien mittlerweile sind. (apo, 22.1.2021)