Polizisten kontrollieren hier an der bayerisch-oberösterreichischen Grenze bei Burghausen.

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Der EU-Sondergipfel zur Corona-Pandemie endete wie acht andere davor: mit guten Vorsätzen, Sorgenbeteuerungen, Forderungen einzelner Regierungschefs. Und Arbeitsaufträgen an die EU-Kommission. Greifbare Ergebnisse für 440 Millionen EU-Bürger gab es (noch) nicht.

Zumindest wurde die Gefahr erkannt, dass Europa bereits dabei ist, wegen mutierter Viren in eine dritte Infektionswelle zu kippen. Sie wird massiver und gefährlicher sein als die bisherigen zusammengenommen, wenn nicht resolut reagiert wird. Der Chef der Taskforce Corona in Belgien sprach es offen aus: Was in England laufe, sei "unheimlich". London erinnert an Bergamo, Großbritannien an Italien im April 2020.

Das droht auch uns. Als Gemeinschaft handeln wir Europäer leider zu langsam, allzu unentschlossen. Nationale Reflexe und Ansätze dominieren. In den Staaten sind die Regionen und Länder zudem zerstritten, Österreich ein gutes schlechtes Beispiel. Ein endloses Drama.

Hoffnung Impfen

Löbliche Ausnahme könnte – trotz Lieferschwierigkeiten von Pfizer und Verzögerung bei der Zulassung von Astra Zeneca – die Impfstoffstrategie werden.

Bei der gemeinsamen Förderung von Forschung und Entwicklung, Finanzierung, Beschaffung und Verteilung von Impfstoff war die EU seit Mai 2020 vorn dabei. Anlaufprobleme in nationalen Impfprogrammen waren zu erwarten.

Sollte es letztlich gelingen, bis Sommer sieben von zehn EU-Bürgern zu impfen, wäre das in allem ein großer Erfolg. Es ist richtig, wenn Zulassungsverfahren durch EMA-Experten gewissenhaft erledigt werden. Das steigert das Vertrauen der Bürger, auch wenn es vielen nun nicht schnell genug gehen kann.

Vorbildlich ist auch, dass die EU mehr als eine Milliarde Impfdosen zu viel bestellte. Sie sollen ab Frühjahr an arme Länder der Welt gespendet werden.

Ein echter Misserfolg ist hingegen, wie lasch, egoistisch, wie unwillig Regierungen mit Grenzkontrollen und Einreisebestimmungen umgehen, wenn es darum ginge, Restriktionen abzustimmen. Binnenmarkt und offene Grenzen sind tragende Säulen der Union. Personenfreizügigkeit, freie Warenströme, daran hängt vieles, was das gemeinsame Europa für Bürger und Wirtschaft unmittelbar attraktiv macht. In Europa frei reisen zu können, das ist kein Geschenk, das die Mächtigen verteilen. Es ist unser Recht als Bürger. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel hat aber klar gesagt. Sollten die Infektionszahlen eskalieren, es aber keinen länderübergreifenden Konsens für verlässliche Schutzmaßnahmen geben, sperrt Deutschland zu. Es käme wieder rundum zu Grenzkontrollen. Willkommen im Frühjahr 2020! Alles schon mal da gewesen.

Das kann es nicht sein. Deshalb gelobten "die Chefs" Besserung. Nach dem Gipfel dauerte es nur wenige Minuten, bis Frankreichs Präsident Emmanuel Macron erklärte, ohne negativen Test dürfe niemand in sein Land einreisen.

Das wird schwierig. Wer glaubt, man könne bald wieder einfach so auf Urlaub fahren oder fliegen, lebt im Irrtum. Die Wintersaison im Tourismus ist vorbei. Ob es eine Sommersaison geben wird, ist offen. Es hängt von drei Faktoren ab: ob die gesamteuropäische Impfaktion ein Erfolg wird; ob die Infektionsausbreitung europäisch und regional – statt national – gestoppt werden kann; und ob möglichst viele EU-Bürger das Wichtigste umsetzen – AHA, sprich Abstand halten, Hygiene, Atemmaske tragen. (Thomas Mayer, 22.1.2020)