Fritz Strobl, der den Bauernhof der Eltern übernahm, mit einem seiner Rinder.

Foto: Roland Holitzky

Bild nicht mehr verfügbar.

10. Februar 2002, Snowbasin bei Salt Lake City. Fritz Strobl aus Gerlamoos auf dem Sprung zum olympischen Abfahrtssieg.

Foto: SUSAN WALSH / AP / picturedesk.c

Bist du auch ein Friedrich? Dreiste Frage! Nie und nimmer würde DER STANDARD auf die Idee kommen, sie einem Olympiasieger zu stellen. In dem Fall ist es freilich umgekehrt, der Olympiasieger hat den STANDARD gefragt. Die Friedriche haben seit jeher Abkürzungen (Fritz, Fritzi, Friedl) genommen und Umwege (Fridolin) gemacht, um am Ende festzustellen, dass die in der Geburtsurkunde dokumentierte Wahrheit irgendwann doch ans Tageslicht kommt. Im Fall von Fritz Strobl machte der Friedrich während seiner Bundesheerzeit die Runde, von der Tagwache bis zum Zapfenstreich, das war ein Spaß, frage nicht, vor allem für die anderen.

Mag sein, es ist kein Zufall, dass Strobl (48) fast so viele Spitznamen gesammelt hat wie Weltcupsiege (neun). "Den Friedl haben mir der Armin Assinger und der Robert Seeger beim Kommentieren verpasst." Für "Friedl" gab es keinen echten Anlass, doch auch Assingers "pfeifende Komantschen" lassen sich ja kaum erklären. "Fritz the Cat", diesen Nicknamen führt Strobl selbst auf seine "schleichende Fahrweise" zurück. "Ich war eher der gefühlvolle Abfahrer, nicht der kraftvolle." So, wie gesagt, hat er "nicht besonders viel gewonnen, aber besonders Wichtiges".

Durchschnittstempo 107 km/h

Das Wichtigste waren die Olympiaabfahrt 2002 in Snowbasin bei Salt Lake City und die Kitzbühel-Abfahrten 1997 und 2000. "Wenn man mich fragt, ob es besser ist, Olympia oder Kitzbühel zu gewinnen, sag ich, am besten ist es, Olympia und Kitzbühel zu gewinnen." Seit 1997, seit 24 Jahren, hält er den Streckenrekord auf der Streif – 1:51,58 Minuten, Durchschnittstempo 107 km/h. Erst in jener Saison, 1996/97, hat Strobl den Durchbruch geschafft, im zweiten Anlauf. Schon sechs Jahre zuvor war er als 18-jähriger Jungspund im Weltcup aufgetaucht, drei Monate später zog er sich bei einem Sturz eine schwere Verletzung im linken Knie zu, Kreuzbandriss, Innenbandriss, Kapselriss. Es folgten etliche Saisonen vor allem mit FIS- und mit Europacup-Rennen. 1996 sicherte sich Strobl als Europacupsieger (Super-G) einen Fixplatz im Weltcup – vor Hermann Maier, der aber ebenfalls noch seinen Weg machen sollte.

Das Weltcup-Fixticket in der Tasche, ließ sich Strobl noch einmal am Knie operieren, das gab ihm ebenso Sicherheit wie der Wechsel von Fischer- auf Blizzard-Ski. "Ich hab gleich die erste Abfahrt gewonnen", dem Sieg in Val d’Isère folgten Erfolge in Kitzbühel und beim Finale in Vail. Nun war Strobl nicht mehr wegzudenken aus dem ÖSV-Team. Er war zehn Jahre lang wohlgelitten bei Kollegen, Journalisten, Fans, kam mit allen gut aus, hatte einen guten, trockenen Schmäh und für jeden ein freundliches Wort.

Eberharter, der Prophet

Bei den Olympischen Spielen in Salt Lake City war die Situation eine besondere. 9/11 lag wenige Monate zurück, es gab Sicherheitskontrollen sonder Zahl. Die Abfahrtsstrecke in Snowbasin war eine Unbekannte, mit der sich Strobl, ab 1998 mit Salomon-Ski unterwegs, flott anfreunden konnte. "Ich hab gleich gesehen, sie liegt mir. Außerdem hat mir der Steff den Sieg prophezeit." Stephan Eberharter hatte die letzten drei Abfahrten vor Olympia gewonnen, die letzte in St. Moritz vor Strobl. "Nächstes Mal bist du dran", sagte Eberharter, er sollte recht behalten und tröstete sich mit Riesenslalomgold. Der dritte ÖOC-Titel 2002 stand erst 2004 fest, er ging aufs Konto des Langläufers Christian Hoffmann, der den Sieg des gedopten Johann Mühlegg erbte und selbst erst später wegen Dopings gesperrt wurde, das war doppeltes Glück.

Strobl ist der Mensch geblieben, der er stets war, die Erfolge haben ihn genau gar nicht verändert. Sein Schmäh und seine Freundlichkeit zeichnen ihn nach wie vor aus. Vielen ist ein Lied in Erinnerung, das er geträllert hat. Es war als Gag für einen Iglo-Werbespot gedacht, dann wurde mehr daraus, Genie auf die Ski von Fritz & The Downhill Gang. Im Background sangen Werner Franz, Klaus Kröll, Hans Grugger, Andreas Buder und Christoph Kornberger, im Vordergrund stand Fritz Strobl. "Die anderen haben alle gesagt, sie können nicht singen. Ich hab gesagt, ich kann auch nicht singen, aber ich stell mich trotzdem hin." Die Einnahmen, so wollte es ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel, kamen dem paralympischen Skisport zugute. Die Nummer schaffte es im Februar 2007 auf Rang zwei der Hitparade, allein an DJ Ötzi (Ein Stern) gab’s kein Vorbeikommen.

Züchter und Jäger

"Ich bin der Mozart der Mausefalle", lautete die erste Textzeile. Darum ging Strobl am 15. März in Lenzerheide im Mozart-Kostüm in sein letztes Weltcuprennen. Der Auftritt war legendär, Strobl machte unterwegs mehrmals halt, um sich von Trainern zu verabschieden, im Ziel wurde er von den Teamkollegen geschultert.

Fritz & The Downhill Gang - Topic

Zeit seiner Karriere hatte er mit seiner Frau Bettina und den zwei Söhnen in Salzburg gelebt. Nun übersiedelte er zurück nach Kärnten und übernahm in Gerlamoos den Bauernhof seiner Eltern. Er züchtet Angusrinder, Hauptabnehmer ist die Gastronomie, derzeit läuft das Geschäft klarerweise schleppend. Von fast drei Dutzend Rindern sind viele zum Glück am Wachsen, also noch nicht schlachtfähig. "Zum Überleben zu wenig, zum Aufhören zu viel", beschreibt Strobl die Lage.

Bereits seit 2006 trägt er als ausgebildeter Exekutivbeamter den Titel des Kinderpolizeipräsidenten, er nimmt das Ehrenamt ernst. Das Konzept beruht auf Kooperationen mit Schulen. "Es geht darum, dass Kinder Hemmschwellen überwinden. Sie sollen Polizisten als Freunde und Helfer sehen." In der Freizeit sind Ski- und Mountainbiketouren angesagt. Strobl hat auch "zum Jagern angefangen", im Vorjahr legte er die Aufsichtsjägerprüfung ab, und derzeit hilft er bei den durch die Schneemassen bedingten Notfütterungen fürs Rotwild. Hilfsbereit, freundlich, witzig, so ist er, und so bleibt er, der Fritz. (Fritz Neumann, 23.1.2021)