UN-Friedenstruppen der afrikanischen Stabilisierungsmission Minusca stemmen sich gegen das Wiederaufflammen des Chaos.

Foto: APA / AFP / Florent Vergnes

Wenige Wochen nachdem Faustin-Archange Touadéra die Wahlen in der Zentralafrikanischen Republik (ZAR) gewonnen hat, droht er nun sein Land zu verlieren. Kämpfer der aus sechs Rebellentruppen gebildeten "Koalition der Patrioten für Wandel" (CPC) haben in den vergangenen Tagen die Hauptstadt Bangui umzingelt: Am Donnerstag verhängte Präsident Touadéra den Ausnahmezustand über das Land.

Der amorphen Rebellenallianz steht ein nicht minder zusammengewürfeltes Lager an Verteidigern der Regierung gegenüber: 12.000 Blauhelmsoldaten der UN-Mission Minusca, ruandische Soldaten, französische Sicherheitsberater und russische Söldner der berüchtigten Wagner-Gruppe. UN-Missionschef Mankeur Ndiaye fordert vom Sicherheitsrat in New York dringend zusätzliche Truppen. "Das Land befindet sich in großer Gefahr", warnt der Senegalese: "Sämtliche friedensbildende Anstrengungen drohen zunichtegemacht zu werden."

Wahlen nicht anerkannt

Mitte Jänner hatten die Rebellen bereits einen ersten Angriff auf Bangui gewagt, waren jedoch von den Blauhelmen, einer obsoleten zentralafrikanischen Armee und ruandischen Soldaten zurückgeschlagen worden. In den nächsten Tagen könnten die Rebellen einen neuen Angriff wagen, heißt es in Bangui.

Dort erkennt die Opposition die Wiederwahl Touadéras bei dem Urnengang von Ende Dezember nicht an: einerseits weil der vor sieben Jahren mit einem Coup aus dem Land gejagte Ex-Präsident François Bozizé vom höchsten Gericht als Kandidat bei den Wahlen ausgeschlossen worden war. Andererseits weil sich bei der Abstimmung nur ein Drittel aller Wahlberechtigten beteiligen konnte. In fast der Hälfte des Landes fand der Urnengang nicht statt.

Die Zentralafrikanische Republik steckt schon seit mehr als einem Jahrzehnt in der Krise. Die sich anbahnende Entscheidungsschlacht um Bangui wird nun aber auch geopolitische Auswirkungen haben. Hinter den Kulissen wetteifert die ehemalige Kolonialmacht Frankreich mit Russland um Einfluss in dem afrikanischen Trümmerstaat, der außer über seine strategisch wichtige Lage auch über erhebliche Bodenschatzvorkommen verfügt – vor allem Gold und Diamanten. (Johannes Dieterich, 24.1.2021)