In der Impfstraße in der Wiener Messehalle wurden 12.355 Personen aus Gesundheitsberufen an einem Wochenende gegen Covid-19 geimpft.

Foto: Matthias Cremer

Dass es länger dauern wird als gedacht, bis alle, die das wollen, auch die erste Impfdosis erhalten, scheint sicher. Besonders für die Zeit ab März ist noch unklar, wie viele Vakzine von welchem Hersteller verfügbar sind. Die Politik versucht zu beruhigen.

Frage: Astrazeneca hat bekanntgegeben, dass es Lieferprobleme gibt. Wie viele Dosen weniger kommen nach Österreich?

Antwort: Astrazeneca versicherte zwar, dass der Start der Auslieferung nicht gefährdet sei, allerdings werde der Lieferumfang zu Beginn weitaus kleiner ausfallen. Für Österreich bedeutet das konkret, dass es bei den ersten Tranchen im Februar statt 650.000 Vakzinen lediglich rund 340.000 Dosen von Astrazeneca geliefert werden. Noch größer dürfte der Lieferengpass im März werden: Laut einer Information, die die Impfkoordinatoren der Länder am Wochenende erhalten haben, kommen statt der geplanten rund zwei Millionen Dosen bis April nur etwa 509.000.

Frage: Was ist der Hintergrund der Schwierigkeiten?

Antwort: Offenbar gibt es Probleme in einer der beiden belgischen Fabriken der französischen Firma Novasep, die den Impfstoff im Auftrag von Astrazeneca produziert.

Frage: Wie reagiert die Politik?

Antwort: EU-Ratspräsident Charles Michel hat am Sonntag von möglichen Konsequenzen gesprochen. Er erwarte, "dass die von den Pharmaunternehmen bestätigten Verträge eingehalten werden", sagte er dem französischen Sender Europe 1. Und: Die EU könne auch "juristische Mittel" nutzen. Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) erklärte, Österreich werde die Lieferreduktion jedenfalls "nicht einfach hinnehmen".

Frage: Wann rechnet man mit einer Zulassung des Impfstoffs des britisch-schwedischen Pharmaunternehmens in der EU – und für wen?

Antwort: Die europäische Zulassungsbehörde EMA begutachtet den Impfstoff derzeit, eine Stellungnahme ist für 29. Jänner angekündigt. Gesundheitsminister Anschober rechnete am Wochenende mit einer "breiten Zulassung" des Vakzins – auch wenn in den vergangenen Tagen immer wieder die Rede davon war, Astrazeneca könnte nur die beschränkte Zulassung für Personen bis 55 Jahre erhalten.

Frage: Könnten noch weitere Impfstoffe in der EU zugelassen werden?

Antwort: Laut EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides will der US-Pharmakonzern Johnson & Johnson noch im Februar den Zulassungsantrag für ein neues Vakzin, das auf der gleichen Technologie wie jener von Astrazeneca beruht, einreichen. Von der Möglichkeit einer Notfallzulassung, die nur ein einzelnes Land betrifft, hat bisher Ungarn Gebrauch gemacht. Das Land hat dem russischen Impfstoff Sputnik V diese Genehmigung erteilt.

Frage: Wie sieht der Impfplan der Bundesregierung eigentlich aus?

Antwort: Das Ende Dezember veröffentlichte Dokument sieht drei Phasen vor. Im Jänner und Februar sollten zunächst Bewohner und Personal von Alten- und Pflegeheimen die erste Spritze bekommen. Weiters alle Menschen über 80, Personal im Gesundheitsbereich mit hohem Risiko, sich anzustecken, sowie Hochrisikopatienten. In der zweiten Phase im Februar, März und April sollten weitere Ältere sowie Beschäftigte in – vage definierter – kritischer Infrastruktur dazukommen. Ab April schließlich sollte sich jeder, der will, immunisieren lassen können.

Frage: Hält dieser Plan nun?

Antwort: Gesundheitsminister Anschober betonte, dass die Impfungen in der Startphase nicht gefährdet sind. Es sei noch zu früh, um sagen zu können, welche Gruppen um wie viel später eine Impfung erhalten als geplant. In Wien hält man am lokalen Impfplan jedenfalls fest. Die Lieferschwierigkeiten hätten vorerst keine Auswirkung, heißt es aus dem Büro von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ). Man hätte bis Anfang April ohnehin nur mit den Dosen von Biontech/Pfizer und Moderna kalkuliert.

Frage: Wo steht die Impfaktion in Österreich aktuell? Wann sind die Alten- und Pflegeheime durchgeimpft?

Antwort: Laut den errechneten Zahlen des Gesundheitsministeriums haben bis Samstagabend knapp 170.000 Menschen die erste der beiden notwendigen Impfdosen erhalten. Zwei Bundesländer konnten am Wochenende bereits Vollzug melden: Die Steiermark und Kärnten sind mit den Erstimpfungen der Senioren- und Pflegeheime fertig. In den meisten anderen Bundesländern sollte das Ziel in den kommenden Tagen erreicht werden.

Frage: Im Zuge der Impfaktion wurde erkannt, dass statt fünf sechs Impfungen aus einem Fläschchen zu ziehen sind. Was passierte mit überschüssigen Dosen?

Antwort: Diese Frage sorgt derzeit für große Aufregung in Österreich. Zum einen wurde bekannt, dass vereinzelt Bürgermeister, die laut Prioritätenliste noch gar nicht an der Reihe waren, geimpft wurden. Zum anderen wurden mehr und mehr Fälle bekannt, wo in Pflegeheimen Impfdosen weggeworfen wurden. Dem STANDARD wurde etwa der Fall eines Pflegeheims bekannt, das zehn Impfdosen entsorgen musste. Das Wiener Heim war eines der ersten in Österreich, in denen zu impfen begonnen wurde. Durch die zusätzlichen Dosen, die aus der Impfphiole gezogen werden konnten, habe man 40 Impfdosen zusätzlich gehabt. Man habe daraufhin Pflegekräfte aus anderen Häusern, Ärzte, Vorstandspersonal und andere Mitarbeiter geimpft, doch man habe nicht alle Dosen verbrauchen können. Danach sei das nicht mehr vorgekommen, man habe begonnen, sogenannte Back-up-Listen zu erstellen, um genug andere Impfwillige parat zu haben.

Frage: Die ersten Bürgermeister wurden also bereits geimpft – wann sind andere Politiker an der Reihe?

Antwort: Politiker fallen an sich in keine Priorisierung. Sind sie weder betagt noch aus einer Hochrisikogruppe, müssen sie noch mindestens bis April warten. Ärztekammer-Präsident Thomas Szekeres sprach sich am Sonntag in der ORF-"Pressestunde" für eine Vorreihung von Spitzenpolitikern aus – sie sollen schon nach den über 80-Jährigen und Personen mit Vorerkrankungen drankommen. Der Grund: Sie seien Vorbilder und hätten viele Kontakte.

Frage: Hilft die Impfung gegen die neuen Mutationen des Coronavirus?

Antwort: Bei der englischen Virusvariante sprechen die bisherigen Daten dafür, dass ein Impfschutz durch die aktuellen Impfstoffe gegeben ist, weiß Andreas Bergthaler, Virologe am Forschungszentrum CeMM und Mitglied des Corona-Fachrates des STANDARD, der Userfragen beantwortet. Für die anderen Virusvarianten, also besonders jene aus Südafrika sowie die brasilianisch-japanische Variante, muss dies erst noch erhoben werden. Dabei könnte der Vorteil der mRNA-Impfstoffe wie von Pfizer/Biontech und Moderna, nämlich dass sie relativ rasch für neue Mutationen adaptierbar sind, noch eine wichtige Rolle spielen. (Oona Kroisleitner, Michael Möseneder, Gabriele Scherndl, 24.1.2021)