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Unter dem prüfenden Blick von Abraham Lincoln legt sich Joe Biden eine Corona-Maske an.

Foto: Reuters / JONATHAN ERNST

Nachdem Joe Biden mit einer Rekordzahl an Dekreten einen Blitzstart hingelegt hat, steuert er nun auf seine erste parlamentarische Kraftprobe mit der Opposition zu. Das Tauziehen um ein fast zwei Billionen Dollar schweres Pandemie-Paket ist ein Test von hoher Symbolik. Im Kapitol wird sich zeigen, ob die Appelle des neuen Präsidenten zum Schulterschluss mehr sind als nur schöne Rhetorik.

Die Demokraten wollen mindestens zehn Republikaner auf ihre Seite ziehen, um den "American Rescue Plan" mit einer sogenannten Supermehrheit zu verabschieden: 60 der 100 Senatoren sollen für das Gesetz stimmen. Nach alter Tradition bedürfen Novellen von solcher Tragweite auch solche Mehrheiten.

Filibuster aushebeln

Allerdings gibt es immer wieder Ausnahmen: Im Dezember 2017 hatten Donald Trumps Republikaner massive Steuersenkungen mit einfacher Mehrheit durchgesetzt. Ähnlich könnten diesmal die Demokraten verfahren und den Filibuster aushebeln – jenes Instrument, das es der Gegenseite ermöglicht, Gesetzesvorhaben mithilfe einer Sperrminorität zu blockieren. Damit wäre Bidens Hoffnung zerplatzt.

In jedem Fall drängt das Weiße Haus zur Eile. Noch bevor der Impeachment-Prozess gegen Trump, beginnend in der zweiten Februarwoche, den Senat in Beschlag nimmt, soll das Paket geschnürt werden. Darin enthalten sind Ausgaben von 400 Milliarden Dollar für den unmittelbaren Kampf gegen die Epidemie, vom Ausbau der Logistik fürs Impfen bis hin zu Investitionen, die den vorübergehend geschlossenen Schulen die Rückkehr zum Präsenzunterricht erleichtern sollen.

Fast 2.000 Milliarden Dollar

350 Milliarden sollen an Kommunen und Bundesstaaten fließen. Jeder Amerikaner soll 1.400 Dollar erhalten, die Arbeitslosenhilfe soll aufgestockt, Lohnausfall kompensiert werden. Zudem ist geplant, die Kinderbetreuung zu subventionieren und Mieter, die mit ihren Zahlungen in Verzug geraten sind, zu unterstützen. Das alles summiert sich auf 1900 Milliarden Dollar.

Bidens Experten halten den Betrag für angemessen: "Das Risiko für die Wirtschaft ist größer, wenn man jetzt zu wenig tut statt zu viel", warnt Brian Deese, neuer Chef des Rates der Ökonomen im Weißen Haus. Erinnerungen werden wach an den Winter 2009, als die Ratgeber des gerade vereidigten Präsidenten Barack Obama einen staatlichen Kraftakt empfahlen, um die Finanzkrise abzufedern.

Das damalige 787-Milliarden-Paket bewerteten sie im Nachhinein als zu klein. In der Hoffnung, den einen oder anderen Republikaner zu gewinnen, hatte Obama bald zurückgesteckt, statt für ambitioniertere Entwürfe zu kämpfen. Die Hoffnung erwies sich als trügerisch, denn von Anfang an begegneten ihm die Konservativen mit kompromissloser Totalopposition.

Skepsis der Republikaner

Es liegt auch an der Vorgeschichte, dass die Demokraten, von Ausnahmen abgesehen, zum Klotzen statt zum Kleckern auffordern, auch wenn der politische Gegner Bedenken anmeldet. Tatsächlich lassen einige Republikaner, denen Biden am ehesten den Brückenbau zutraut, tiefe Skepsis erkennen.

Zu ihnen gehören Mitt Romney, parteiintern einer der schärfsten Kritiker Trumps, und die moderate Susan Collins. Man habe doch erst vor einem Monat ein Corona-Rettungsprogramm in der Höhe von 900 Milliarden Dollar verabschiedet, argumentiert Collins. Nach so kurzer Zeit ein neues, doppelt so großes draufzusetzen, gehe zu weit. John Thune, bei den Republikanern die Nummer zwei im Senat, spricht von einem "riesigen Warnzeichen am Horizont": Der Schuldenberg wachse und wachse, und keinen scheine zu interessieren, dass man ihn wieder abbauen müsse.

"Das Nötige tun"

Unter Trump, betont die Demokratin Elizabeth Warren, hätten die Konservativen immer krassere Budgetdefizite zugelassen, ohne sich auch nur im Geringsten um die Schulden zu kümmern. "Wenn wir Einigkeit wollen, müssen sie an Bord kommen, um das zu tun, was in dieser Krise getan werden muss." (Frank Herrmann aus Washington, 25.1.2021)