Heimbewohner haben in Österreich bisher nur vier Prozent der Infizierten ausgemacht, der Anteil an den Todesfällen ist viel höher.

Foto: Werner Krüper via www.imago-images.de

Wien – Die Zahl der Coronafälle in Alters- und Pflegeheimen ist weiter hoch. Auch wenn in der aktuellen Lockdownverordnung erneut strengere Regeln für Besuch wie Personal festgeschrieben wurden, steigt der Anteil der Heimbewohnerinnen und -bewohner an den Corona-Todesfällen immer weiter an.

Grafik: Der Standard

Aktuell liegt er mit Stand Dienstag bei fast 44 Prozent, wie Zahlen aus dem epidemiologischen Meldesystem zeigen. Noch im Juni lag der Anteil bei 36 Prozent. Seit Beginn der Pandemie sind über 3.000 Heimbewohnerinnen und -Bewohner an oder mit dem Virus verstorben, 2500 davon in den letzten zehn Wochen. Anders formuliert: Seit Mitte November hat sich die Zahl der Covid-Todesfälle in Heimen mehr als verfünffacht.

Auch die Infektionszahlen sind weiter hoch. So waren am Dienstag in ganz Österreich 1.220 Corona-Fälle bei Heimbewohnerinnen und -bewohnern Heimen infiziert, 700 weitere Fälle gibt es derzeit im Heimpersonal. Insgesamt hatten seit Beginn der Pandemie über 18.000 Bewohnerinnen oder Bewohner und über 10.000 Personen aus dem Personal eine bestätigte Corona-Infektion. In der Gesamtbevölkerung gab es seit März über 400.000 Fälle.

Verordnungen laufend verschärft

Und das, obwohl die Regeln in Alters- und Pflegeheimen seit Beginn der Pandemie laufend verschärft wurden. Im März noch sprach Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) lediglich die Empfehlung für ein Besuchsverbot aus. In der seit Montag gültigen Verordnung ist mittlerweile ein umfassendes Regelwerk festgeschrieben.

Es beinhaltet unter anderem, dass Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen nur dann ein Heim betreten dürfen, wenn sie alle drei Tage einen Corona-Test machen, außerdem müssen sie bei Kontakt mit Bewohnern oder Bewohnerinnen eine FFP2-Maske, ansonsten eine normale Maske, tragen. Aber: Stehen nicht genügend Tests zur Verfügung, "sind vorrangig Mitarbeiter mit Bewohnerkontakt zu testen", wie es in der Verordnung heißt.

Auch Besucherinnen und Besucher – eine Person pro Woche ist erlaubt – müssen FFP2-Masken tragen und getestet sein. Die Bewohnerschaft soll wöchentlich, nach Ausgängen alle drei Tage, getestet werden.

Tests erschöpfen das Personal

Nur: Wenn die Ressourcen nicht ausreichen, um regelmäßig zu testen, schützt auch eine schärfere Verordnung nicht vor dem Virus. Wie essenziell die Tests sind, lässt sich für Franz Ferner, Geschäftsführer der Volkshilfe Steiermark – also in einem besonders stark betroffenemn Bundesland –, daran ablesen, dass die gefundenen Fälle zu 80 Prozent asymptomatisch sind. Man teste also "wie die Blöden", auch das Material sei da, sagt Ferner. Doch mittlerweile sei das Personal erschöpft.

Er plädiert daher dafür, dass man den Personenkreis jener Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Tests durchführen dürfen, ausweitet. Ferner sagt aber auch, man könne und wolle die Leute nun einmal nicht einsperren, trotz aller Anstrengungen, das Virus draußen zu halten: "Pflegeheime haben keinen Glassturz", sagt er.

Unterschiede in den Bundesländern

Auch in einer aktuellen Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage der Neos zeigen sich die Unterschiede in den Bundesländern. Am höchsten ist demnach der Anteil der Heimbewohnerinnen und -bewohner in der Steiermark, wo mehr als die Hälfte aller Todesfälle auf Bewohner von Alters- und Pflegeheimen entfallen.

Die Anfragebeantwortung bezieht sich auf Daten bis zum 18. Jänner. Nur in Wien ging der Anteil der Todesfälle in Alters- und Pflegeheimen in den letzten zehn Wochen zurück – von 43 auf 39 Prozent. Den niedrigsten Wert verzeichnet laut Anfragebeantwortung mit 38 Prozent Tirol. Nach den Daten aus dem Einmeldesystem lag er am Dienstag jedoch bei 43 Prozent.

Die Neos pochen auf die Einhaltung des Impfplans. "Seit Monaten weisen wir darauf hin, dass man die Risikogruppen schützen muss, seit Monaten schauen Kanzler und Gesundheitsminister tatenlos zu, wie die Anzahl der Toten in Alten- und Pflegeheimen steigt", kritisierte Gesundheitssprecher Gerald Loacker. "Seit Sommer könnte man alle Besucher und Mitarbeiter engmaschig testen und so Leben retten", meinte Loacker. "Hier erwarte ich mir endlich ein Machtwort des Gesundheitsministers und einen Impf-Krisengipfel." (APA, elas, 26.1.2021)