Eingangs kurz etwas Statistik. Der ID.3, quasi der Golf des E-Zeitalters, verkaufte sich im ersten neuzulassungsrelevanten Monat, November 2020, 523 Mal und belegte hinter VW Golf (741) und Skoda Octavia (575) den dritten Rang in Österreich. Im Dezember fuhr er mit 694 Stück glatt an die Spitze, gefolgt von Tesla Model 3 (687) und VW Golf (682). Daraus wird ersichtlich, dass die E-Mobilität endgültig in der Masse angekommen ist.

Nun folgt bei denen sogleich der ID.4, und die Taktzahl dessen, was auf dem Modularen E-Antriebs-Baukasten (MEB) aus dem VW-Konzern alles auf uns zurollt, ist enorm.

Foto: VW

Jetzt aber. Begegnung der ersten Art mit diesem Elektro-SUV. In Vorserienausgabe mit 77-kWh-Batterie, 150-kW-Maschine, Heckantrieb. Luftgekühlt? Nein, das wäre zu viel an Markengeschichte – auf welche sich die IDs nur hinsichtlich der glatten, kühlergrillfreien Front und des grundlegenden Heckantriebs beziehen. Boxer-Rasseln ist auch nicht, es wird still gesurrt. Prima.

VW verspricht für diesen ID.4 bis zu 517 km Reichweite (WLTP). Ein Versprechen soll man nicht leichtfertig geben, außer in der Politik, wo der Kalauer passt: "Es gilt das gebrochene Wort". Es galt zu erfahren, was davon winters und bei reichlich Autobahnbetrieb mit Tempomat auf 130 km/h übrig bleibt; 160 Sachen wären übrigens maximal möglich.

Ach du schwere Kuh

So wählten wir also, mit Ausgangs- und Zielort Wien 19., als erste Anlaufstelle den Semmering (105 km). Hurtig für die Immobilien-Kollegin Franziska Zoidl ein paar Fotos gemacht vom maroden monarchiezeitlichen Prachtkasten Südbahn-Hotel. Von dort wegen Schneefahrbahn weiter über die Ritter von Ghega-Strecke nach Reichenau (18 km). Und ehe noch in diesem Winterwunderland auf Schnee- und Eisfahrbahn der Gedanke aufkeimte: Ach du schwere Kuh (2,1 Tonnen!), zeigte sich, dass das aber doch recht lustig geht, trotz Heckantriebs.

Foto: VW

Nächste Station Eisenstadt (70 km), Schlenker noch nach Neusiedl (35 km) – nein, See nicht zugefroren, also nix mit Eislaufpause. Von dort schließlich via A4 zurück nach Wien (63 km). Nach Adam Riese insgesamt rund 290 km.

Losgefahren waren wir laut Bordcomputer mit etwa 330 km Reichweite (frühlings stünde da, wie oben erwähnt, 517), zurück brachten wir 25. Wobei gegen Ende zu sich die Überlegung aufdrängte, das Autobahntempo auf Schleichfahrt zu reduzieren und den bacherlwarmen Innenraum von Comfort-Einstellung auf Eco zurückzustufen. Nix da, es muss sich ausgehen. Ging es auch. Aber es ist eben die alte Leier: Jedes E-Mobil schwächelt in der kalten Jahreszeit bei der Reichweite. Versprechen hin oder her.

Foto: VW

Was uns insgesamt auffiel: Mit 4,58 m Länge ist der ID.4 nur unwesentlich länger als der Tiguan (4,49 m), sein konventionell motorisiertes Pendant. Aber innen, na bumm, da herrschen Platzverhältnisse ganz anderer Art, luftig und geräumig, mit reichlich Ablagen und Fächern, hinten sitzt man etwas höher als vorne – und: Die Materialanmutung ist deutlich besser als im ID.3. Andererseits: Die Wärmepumpe ist nur in den höheren Ausstattungsversionen serienmäßig. Sie kostet ansonsten rund 1100 Euro Aufpreis.

Grafik: Der Standard

Es braucht etwas für Asterix-Fans

Der ID.4 ist der erste Elektro-SUV von Volkswagen. Er hat etwas mehr Bodenfreiheit als der ID.3 und kommt auch mit Allrad – los gehts aber mit Heckantrieb.
Foto: VW

Der ID.4 fährt sich ausgesprochen kommod und sauber, tiefer Schwerpunkt und 50:50-Achslastverteilung unterbinden allfällige Überraschungen, die 150-kW-Maschine ist eine plausible Motorisierung. Außer der großen Batterie gibt es ab Mai noch eine kleinere mit 52 kWh und rund 340 km Reichweite, kombinierbar mit 109 und 125 kW. Beim 77-kWh-Akku stehen 129 und 150 kW zur Auswahl, und im Sommer komplettiert Allrad (225 kW) das Angebot.

Das Ladekapitel besprechen wir gesondert, sobald die Testfahrzeuge bei uns eintrudeln, hier noch kurz ein Wort zum Konkurrenzumfeld. Kia e-Niro, Hyundai Kona, Tesla Model Y und Volvo XC40 Recharge (ab Juni) nennt VW konkret. Die konzerninternen Gegner Skoda Enyaq und Audi Q4 e-tron (ab Sommer) kann man getrost dazurechnen, Mazda MX-30, Jaguar I-Pace und Mercedes EQA ebenfalls, und es werden sehr rasch sehr viel mehr. Bei der Marktmacht von VW in Österreich braucht es aber nicht viel Fantasie, sich den künftigen Segmentprimus auszurechnen.

Erster Eindruck ID.4? Ein grundsolider zweiter Streich. Aber es wird Zeit für einen ID.fix. Für Asterix-Fans in der Mobilitätswende. (Andreas Stockinger, 26.1.2021)