Kurz-Medienbeauftragter Gerald Fleischmann und Eva Blimlinger, Mediensprecherin der Grünen.

Foto: STANDARD, Cremer, Urban

ÖVP und Grüne haben sich auf eine neue Digitalförderung für Medien geeinigt, die Regierung schickt den Entwurf für diese "Förderung zur digitalen Transformation" in Begutachtung. Nun liegen dem STANDARD weitere – vorerst unbestätigte – Informationen vor, wie die heuer 34 und danach jährlich 15 Millionen neuer Medienförderung von der RTR aufgeteilt werden sollen und welche Projekte gefördert werden könnten (Updates im Text und unten in der Infobox ergänzt).

Nach STANDARD-Infos haben die Grünen dem von der ÖVP eingebrachten Entwurf zugestimmt. Im ressortzuständigen Kanzleramt wollte man die Info über die Digitalförderung noch nicht bestätigen, es bedürfe noch Abstimmungen, hieß es dort auf STANDARD-Anfrage.

Die eigentlich für 2020 geplante Subvention für Printmedien und private, auch nichtkommerzielle Sender soll 2021 mit mehr als verdoppeltem Volumen starten: Statt regulär geplanter 15 Millionen ist sie heuer mit insgesamt 34 Millionen Euro dotiert.

Erklärtes Ziel der neuen Medienförderung: "die Wettbewerbsfähigkeit heimischer Medien sicherstellen und stärken" gegenüber "der zunehmenden Dominanz der großen internationalen Internetplattformen und Medienriesen".

An wen soll die Förderung gehen? Tageszeitungen, Wochenzeitungen und Monatstitel von mehr als lokaler Bedeutung, private kommerzielle und nichtkommerzielle TV- und Radiounternehmen.

Plattformentwicklung, Infrastruktur-Erneuerung und Kundenakquise

Zwei Drittel der Fördersumme sollen an Digitalprojekte von Blättern und Sendern gehen – nach STANDARD-Infos etwa für Zielgruppenanalysen für Kundenakquisition, Plattform- und App-Entwicklung, Forenmoderation, Erneuerung digitaler Infrastruktur, Schaffung von innovativem und digitalem Content, Datenjournalismus, Ausbildung einschließlich Lehrredaktionen und Weiterbildung.

Fast drei Viertel des Projektfördervolumens sollen nach ersten Informationen für "digitale Transformation" reserviert werden, 12,5 Prozent für den Bereich "Digitaljournalismus", beide mit Schwerpunkt Print. 15 Prozent der Projektförderung sollen in Barrierefreiheit und Jugendschutz mit Fokus Rundfunk gehen (dem die jüngste AV-Mediendienste-Novelle hier mehr vorschreibt).

Pro Projekt sollen nach ersten Infos höchstens* 750.000 Euro ausgeschüttet werden. Arbeiten zwei Medienunternehmen etwa bei einem Infrastrukturprojekt zusammen, soll die gemeinsame Obergrenze bei 1,5 Millionen Euro liegen. Einberechnet werden Förderungen anderer Stellen – wie die Wiener Medieninitiative – oder Förderungen der RTR/Medienbehörde für das konkrete Projekt. Die Presse- oder Privatrundfunkförderung allgemein soll nicht in Fördergrenzen eingerechnet werden.

Ein Drittel der Digitalförderung ist für eine Basisförderung reserviert. Zusammen dürfen beide Förderungen pro Medienunternehmen oder -verbund 1,75 Millionen Euro nicht übersteigen, die Grenze dürfte für reguläre Jahre vorgesehen sein.

Basisförderung allein für Print

Eine "Basisförderung" von einem Drittel der jährlichen Fördersumme ist laut Entwürfen für Printmedien reserviert (kolportiert: ein Prozent für Volksgruppenmedien). Im Regelbetrieb sind das fünf Millionen Euro, mit den aus 2020 übrigen 19 Millionen Euro wären das 11,3** von 34** Millionen Euro.

Diese "Basisförderung" für Printmedien bemisst sich – nach früheren Aussagen von Grünen-Mediensprecherin Eva Blimlinger auf deren Drängen – auch nach der Zahl der angestellten Journalistinnen und Journalisten eines Mediums. Das größte Gewicht dabei haben die Digital(vertriebs)umsätze mit journalistischen Inhalten und die Auflage/Reichweite des Printmediums im Vorjahr.

Update: Große Teile der Vergabe sollen von RTR erstellte Richtlinien regeln

  • Zehn Prozent der Basisförderung bestimmt die JournalistInnen-Zahl nach STANDARD Infos über einen Entwurf für Richtlinien der RTR GmbH zur neuen Digitalförderung.

Die RTR ist die für viele Medienförderungen zuständige Geschäftsstelle der Medienbehörde KommAustria. Ihr Geschäftsführer, derzeit Oliver Stribl, wird – wie etwa bei der Privatrundfunkförderung – auch über die Vergabe der Digitalförderung entscheiden. Ein Fachbeirat – fünf von der Regierung bestellte Expertinnen (mindestens zwei) und Experten aus "Medienrecht und Publizistik" – soll zu Förderabsichten der RTR nicht bindende Empfehlungen abgeben.

  • 40 Prozent der Basisförderung bemessen sich nach Reichweite laut Media-Analyse und Auflage laut Auflagenkontrolle ÖAK, Maßstab soll hier die verbreitete oder Druckauflage sein.

Abzüge für Kaufblätter

Von diesen Kriterien Auflage/Reichweite ist – nach STANDARD-Infos über die Pläne der RTR – die Presseförderung des Vorjahres abzuziehen. Mit Ausnahme der Sondermedienförderungen des ersten Corona-Jahres 2020 geht die reguläre Presseförderung nicht an Gratiszeitungen wie "Oe24" und "Heute". "Österreich", die Kaufvariante von "Oe24", suchte 2019 und 2020 um reguläre Presseförderung an und wurde von der – hier zuständigen – Medienbehörde KommAustria abgewiesen.

Zunächst nach STANDARD-Infos in Entwürfen für RTR-Förderrichtlinien vorgesehene Abzüge für die 2020 vorübergehend reduzierte Mehrwertsteuer sind nach jüngsten Angaben aus Regierungskreisen nicht vorgesehen.

"Oe24" und "Heute" profitierten im zweiten Halbjahr – weil gratis – nicht von der Senkung der Mehrwertsteuer auf den Zeitungsverkauf ("Österreich" als Kauftitel nur gering). Diese Sonderregelung von fünf Prozent Mehrwertsteuer lief wohl auch deshalb – im Gegensatz etwa zu Büchern – mit Jahresende 2020 schon wieder aus, nun fallen wieder zehn Prozent für Zeitungsverkäufe an.

  • Die Hälfte der Basisförderung soll sich laut Entwürfen am digitalen Umsatz mit dem "Vertrieb von digitalen, redaktionellen Inhalten" bemessen – also insbesondere Beiträgen von Userinnen und Usern etwa für Digitalabos. Digitalumsätze mit Werbung werden von der Berechnung dezidiert ausgenommen – und durch die Präzisierung auf redaktionelle Inhalte wohl auch Online-Verkaufserlöse anderer Waren oder Dienstleistungen.

Ausschlussgründe Verhetzung, Verbotsgesetz, Gewaltaufrufe

Die Grünen sollen auch Ausschlussgründe aus der Publizistikförderung in das Digitalfördergesetz reklamiert haben: Keine Digitalförderung soll es laut Entwurf also für Medien geben, die "wiederholt und systematisch zum gewaltsamen Kampf gegen die Demokratie oder den Rechtsstaat aufgerufen" haben, die "Gewalt gegen Menschen als Mittel der Politik" befürworten oder "wiederholt zur allgemeinen Missachtung der Rechtsordnung auf einem bestimmten Rechtsgebiet" aufgefordert haben. Rechtskräftige Verurteilungen wegen Verhetzung oder nach dem Verbotsgesetz schließen eine Digitalförderung ebenfalls aus.

Die Förderung braucht noch die Bestätigung der EU, dass sie nicht den europäischen Wettbewerbsregeln widerspricht.

Bis September 2020 brachte neue Digitalsteuer 37,6 Millionen Euro

Die Digitalförderung soll nach bisherigen Ankündigungen aus der 2020 erstmals eingehobenen Digitalsteuer gespeist werden. Die Republik verlangt von internationalen Digitalkonzernen wie Google, Facebook oder Amazon fünf Prozent ihrer Digitalwerbeumsätze in Österreich.

Von Jänner bis einschließlich September 2020 nahm die Republik laut Finanzministerium mit dieser neuen Digitalsteuer 37,6 Millionen Euro ein.

Die internationalen Digitalriesen dürften demnach also mit Digitalwerbung in Österreich in den ersten neun Monaten 2020 rund 752 Millionen Euro eingespielt haben. Im Gesamtjahr 2020 dürften sie die vom STANDARD hochgerechnete Milliarde Euro kommen.

Österreichs – ebenfalls fünf Prozent – Werbeabgabe auf klassische Werbung (ausgenommen Onlinewerbung) spielte von Jänner bis September 2020 laut Finanzministerium 77,9 Millionen Euro ein. In den ersten neun Monaten 2019 – ohne Corona und Corona-Maßnahmen – nahm die Republik noch 93,9 Millionen Euro aus der Werbeabgabe ein, 16 Millionen mehr als im selben Zeitraum 2020.

Hinweis: Digitalsteuer und Werbeabgabe sind bis zur Mitte des übernächsten Monats nach der Buchung fällig und scheinen daher in den Daten des Finanzministeriums mit zwei Monaten Verzögerung auf. Das bedeutet, in den derzeit vorliegenden November-Zahlen des Ministeriums für 2020 sind die Buchungen bis einschließlich September enthalten.

Presseförderung, Privatrundfunkförderung und Co.

Österreich fördert etwa "vielfältige und hochwertige" private kommerzielle TV- und Radioprogramme mit regulär 20 Millionen Euro pro Jahr, 2020 kamen dazu noch 15 Millionen Corona-Sonderförderung. Die höchste Senderförderung geht seit 2019 an Oe24TV (noch ohne Radio-Programme der Mediengruppe Österreich); meistgeförderte Sendergruppe ist der private TV-Marktführer ProSiebenSat1Puls4. STANDARD-TV erhält seit 2020 eine Förderung – aktuelle Förderdaten hier.

Die Presseförderung umfasst regulär 8,9 Millionen Euro, die höchsten Förderungen gehen hier an "Die Presse" und DER STANDARD. 2020 wurde die Presseförderung um Corona-Sondermittel von 9,7 Millionen Euro aufgestockt (und großteils nach Druckauflage 2019 auch an Gratistitel ausgeschüttet). Die höchsten Presse-Förderungen 2020 gingen an "Krone" (3,3 Millionen Euro), "Österreich/Oe24" (rund zwei Millionen) und "Heute" (1,84 Millionen) vor "Presse" (1,74) und STANDARD (1,7).

Die Werbeausgaben der Regierung ("Schau auf dich, schau auf mich") stiegen 2020 deutlich auf ein Rekordhoch von gut 34 Millionen Euro. Die höchsten Budgets gingen an "Krone", "Österreich/Oe24" und "Heute" – mehr dazu hier. (Harald Fidler 27.1.2021)