Schokolade und Klimawandel stehen in enger Verbindung: Einerseits fällt Kakao-Monokulturen Regenwald zum Opfer, andererseits leiden Kakaobäume zunehmend unter Klimastress.

Foto: Getty Images / iStock / Tim UR

Es ist eine bittere Nachricht für alle, die Schokolade lieben: Klimamodelle sagen voraus, dass die Kakaoproduktion zwischen 2030 und 2050 stark zurückgehen wird. Die tropischen Anbaugebiete des Kakaobaums liegen in Westafrika, Mittel- und Südamerika sowie in Indonesien. Hier werden für viele Bereiche steigende Temperaturen prognostiziert.

Das bedroht nicht nur die Verfügbarkeit von Schokolade und anderen kakaohaltigen Produkten. Es gefährdet auch die Existenz von Kleinbauern, die für den Großteil der weltweiten Ernte sorgen.

Ganze Staaten – insbesondere Ghana und die Elfenbeinküste – sind abhängig vom Export: Allein in diesen beiden Ländern werden bis zu 62 Prozent der globalen Kakaoerträge erwirtschaftet. Gleichzeitig soll mehr produziert werden, um die steigende Nachfrage von neuen Märkten wie China und Indien zu decken.

Pflanzenkrankheiten

Doch warum ist die Gefahr gerade für die Kakaopflanze so groß? "Bereits jetzt geht Kakao vielerorts an seine ökologischen Grenzen", sagt Liam Dolan, Botaniker am Wiener Gregor-Mendel-Institut für molekulare Pflanzenbiologie der Akademie der Wissenschaften.

"Wenn der jährliche Niederschlag zu stark sinkt und die Durchschnittstemperatur auf über 23 Grad steigt, geht der Ertrag zurück. Deshalb wurden Kakaobäume schon mit Kanarienvögeln im Bergwerk verglichen, die früher Minenarbeiter warnten, wenn sich die Luftbedingungen verschlechterten. Der Tod der Kakaobäume warnt uns vor der nahenden Bedrohung vieler anderer Pflanzen und Tiere auf der Erde."

Der sensible Baum wird zudem von Pflanzenkrankheiten geplagt: Laut der Internationalen Kakao-Organisation zerstören sie etwa 38 Prozent der Ernte. Pilzerkrankungen sorgten für die größten Verluste. Auf diesem Gebiet hat man dank intensiver Forschung in den vergangenen Jahren Erfolge verbucht. Resistente Pflanzen wurden gezüchtet und in Südamerika angepflanzt. Hier liegt auch der evolutionäre Ursprung des Kakaobaums.

Tödliches Virus

Besonders gefährdet ist die Pflanze in jenen Anbauregionen, in denen sie nicht heimisch ist, sagt Dolan: "Organismen entwickeln sich häufig anhand der Krankheitserreger weiter, die sie umgeben. Wenn sie auf Erreger stoßen, mit denen sie noch nie konfrontiert waren, führt das zu katastrophalen Krankheiten."

Das zeigt sich am Beispiel Westafrika. Hier wurde Kakao erst Anfang des 20. Jahrhunderts in größerem Stil angebaut und brachte ab den 1920ern hohe Erträge. Doch zur gleichen Zeit sorgte in Ghana erstmals die Viruserkrankung CSSD (Kakao-Swollen-Shoot-Krankheit) für Probleme.

Wie der Name besagt, handelt es sich bei den Symptomen um Schwellungen an jungen Ästen, aber auch die Blätter verfärben und verformen sich, bevor sie ganz abfallen. Ein infizierter Baum ist nicht zu retten und stirbt innerhalb von ein bis fünf Jahren. "Es kann einige Monate dauern, bis sich die Symptome entwickeln", sagt Judith Brown, Pflanzenvirologin an der Universität Arizona.

"Die Landwirte entfernen also meist Bäume mit Symptomen, während die benachbarten Bäume noch gesund aussehen, aber wahrscheinlich schon vom Virus befallen sind. An dieser Managementstrategie hat sich seit den Anfängen kaum etwas geändert. Die zweite Strategie ist, vor der Krankheit zu flüchten, indem man die Produktion auf neue Gebiete erweitert, während man oft die infizierten Bäume zurücklässt."

Schmierläuse

In Ghana und der Elfenbeinküste, den Hauptanbaugebieten, stößt man dadurch bereits an die eigenen Landesgrenzen. Viele Farmer wollen kranke Bäume nicht entfernen, solange sie noch – wenn auch geringe – Erträge liefern.

Erst nach Jahren laufen Kakaobäume zur Höchstform auf.
Foto: Getty Images / iStock / Firn

Die Überträger der Krankheit sind Schmierläuse. Wenn sie die sogenannten CSSD-Badnaviren haben, genügen einige Minuten bis eine Stunde, um einen Baum anzustecken.

"Bei Schmierläusen haben Bauern schlechte Karten, weil schon ein einziges infiziertes Insekt das Virus übertragen kann", sagt Brown. Noch dazu werden sie von anderen Insekten umsorgt: Ameisen ernten Honigtau, den die Läuse ausscheiden, und bauen ihnen dafür Schutzgebilde aus Speichel und Sand.

Antikörpertest für Bäume

Seit etwa zwanzig Jahren ist die Krankheit wieder verstärkt auf dem Vormarsch, inklusive einer neueren aggressiven Variante, die Kakaobäume noch früher abtötet. Viele Informationen, die bei der Bekämpfung helfen könnten, fehlen noch. So ist etwa unklar, auf welche Weise die Schmierläuse die Viren übertragen und wie viele Virenstämme überhaupt die Symptome verursachen.

Erst kürzlich fanden Forscher heraus, dass Badnaviren auch in Amerika vorkommen, genetisch aber stark unterschiedlich zu den afrikanischen Varianten sind und kein CSSD verursachen. Bald soll ein Antikörpertest die rasche Bestimmung kranker Bäume ermöglichen. In einem aktuellen Projekt will Brown mit Kollegen 600 Proben aus Westafrika analysieren, um die Virusverteilung einzuschätzen.

Für Brown und Dolan steht fest, dass die schnelle Entwicklung von resistenten Kakaopflanzen sehr wichtig ist. Das gilt für die Widerstandsfähigkeit gegenüber Virus- und Pilzerkrankungen sowie Hitze.

"Es gibt wieder vermehrt Kakao-Monokulturen, in denen die Pflanzen weniger robust sind als bei anderen Anbauformen", sagt Dolan. Das gilt vor allem, wenn im Feld höhere Bäume fehlen, die Schatten spenden. "Außerdem wird vor allem für Monokulturen Regenwald gerodet."

Problematische Monokulturen

Der Anbau in Monokulturen ist für jede Nutzpflanze problematisch, weil eine schnelle Virusübertragung wahrscheinlicher ist, sagt Brown. Und: Verschiedene negative Effekte können sich gegenseitig verstärken. "Hitze, Dürre, Regen zur falschen Zeit: Je mehr Probleme die Bäume haben, desto eher leiden sie unter Stress und lassen nach."

Die Produzenten in Westafrika müssen zudem mit steigendem Konkurrenzdruck rechnen: Große Plantagen in Brasilien und Ecuador nehmen zu, sagt Brown. "In diesen Ländern wachsen aber auch neue Kakaobaum-Varianten, die mit Pilzinfektionen besser zurechtkommen."

Da die Bäume acht bis zehn Jahre und länger brauchen, bis sie ihre volle Kakaobohnen-Produktion erreichen, stehe dieser Produktionsschub noch aus. Gleichzeitig geben viele Bauern mit kleineren Kakaofeldern auf, weil die klimabedingten Ernteausfälle hoch sind. Für sie bleibt der Kakaobaum letztendlich auf der Strecke. (Julia Sica, 29. 1. 2021)