Katharina Krösl entwickelte eine Software mit der es möglich ist, Sehschwächen zu simulieren.

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Schon als Vierjährige spielten Computerspiele eine Rolle in Katharina Krösls Leben. Gemeinsam mit ihrem großen Bruder verbrachte sie viele Stunden vor der Spielkonsole, um vor allem Mario Cart zu spielen.

Später stellte Krösl fest, dass sie ihre Leidenschaft mit Informatik verbinden und selbst Spiele entwickeln könnte. Neben ihrem Studium der Computerwissenschaften an der Technischen Universität Wien arbeitete sie deshalb in einem kleinen Spielestudio, das Virtual-Reality-Spiele entwickelt. Ein Knackpunkt – auch für ihre Forschung.

Noch heute verwendet die Informatikerin in ihrer Arbeit am VRVis, einem Forschungszentrum für Virtual Reality (VR) und Visualisierung, Techniken aus der Spieleentwicklung. Etwa sogenannte "game engines", die man sich wie ein Programmiergerüst vorstellen kann, das Werkzeuge bietet, um Darstellung und Ablauf des Spiels zu bestimmen.

In den Virtual-Reality-Simulationen, die Krösl entwirft, geht es aber nicht darum, Punkte zu sammeln. Stattdessen spielen diese eine Rolle für die Barrierefreiheit: Während ihres Doktorats an der TU Wien entwickelte sie eine Software, mit der Architekten eine VR-Brille nützen und sich so durch ein geplantes Gebäude bewegen können. "Wir wollten ihnen Werkzeuge in die Hand geben, mit denen sie bessere Lichtkonzepte entwerfen können", sagt Krösl.

Dazu gehören auch die Beleuchtung und Beschilderung von Fluchtwegen. Gewisse Normen bestimmen die Größe, Platzierung und Ausrichtung dieser Schilder so, dass sie 80 Prozent der Menschen gut erkennen können. Doch was ist mit jenen, die nicht so gut sehen können?

Sehschwäche simulieren

Viele Augenkrankheiten sind altersbedingt. Gerade in Altersheimen spielt eine entsprechende Gebäudeplanung deshalb eine große Rolle. Um zu erforschen, wie man etwa die Fluchtwegschilder verändern sollte, startete Krösl eine Studie: "Es ist aber sehr schwierig, genug Menschen mit der gleichen Sehschwäche zu finden." Kurzerhand beschloss Krösl, Sehschwäche und Augenkrankheiten zu simulieren.

Das medizinische Wissen bekam sie in Zusammenarbeit mit der Med-Uni Wien. Will man etwa Kurzsichtigkeit simulieren, kann man das Bild, das in der VR-Brille gezeigt wird, in gewisser Distanz verschwimmen lassen. Bewegt sich die Person auf diese Weise virtuell durch ein Gebäude, kann sie beurteilen, ob Schilder lesbar sind und der Weg nach draußen gut gefunden werden kann.

Die entwickelte Software könnte aber nicht nur für Architekten nützlich sein, sondern auch der Sensibilisierung von Angehörigen oder medizinischem Personal dienen. "Es ist oft schwierig nachzuvollziehen, wie jemand mit einer bestimmten Augenkrankheit die Umwelt wahrnimmt", sagt die Informatikerin. Auch wenn bisher nur ein Prototyp der Anwendung besteht, konnte Krösls Arbeit bereits Positives bewirken: Sie half bei der Ausarbeitung neuer Normen für visuelle Leitsysteme, wie etwa Fluchtwege.

Computerspiele mag die Forscherin übrigens immer noch: "Gerade jetzt ist es für mich eine Möglichkeit, weiterhin mit Freunden Zeit zu verbringen – wenn auch online." (Katharina Kropshofer, 30.1.2021)