Sie glauben, es gäbe Bürgermeister, die die Frechheit besäßen und sich beim Impfen aus Egoismus "vordrängten"? Sich ins Seniorenheim setzten und so lang nicht gingen, bis sich jemand weichreden ließe und ihnen halt ein Corona-Jaukerl reinjagte, obwohl sie noch nicht dran seien? Aber geh: Die Leute opfern sich!

Zum einen helfen sie, dass keine Serumreste übrig bleiben und in den Kanal gespült werden müssen. Zum anderen sind sie oft quasi Eigentümervertreter der Einrichtungen, um deren Mitarbeiter sie sich kümmern und deren Bewohner sie zu runden Geburtstagen, goldenen Hochzeiten oder sonstigen freudigen Anlässen heimsuchen müssen. Dafür braucht es Impfschutz, klar. Und zwar subito, wie auch Salzburgs Landeshauptmann weiß, der zu deren Verteidigung meint, dass Bürgermeister, die "im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung regelmäßig in Seniorenwohnheimen (…) sind, sehr wohl unter die Priorität 1 fallen".

So gesehen sollte man die Idee ausbauen. Impft Bürgermeister und andere Ortschefs durch – und dann, sobald sie immunisiert sind: ab mit ihnen in die Pensionistenwohnhäuser, Pflegeheime und sonstigen sozialen Einrichtungen, in denen die Leute abgeschieden von ihren Angehörigen, zum Teil lang in Quarantäne, ohne Unterhaltung und ohne Besucher vereinsamen. Bisschen vorlesen, bisschen pflegen, bisschen zuhören, bisschen da sein.

Vielleicht lässt sich Anständigkeit ja einimpfen. Wahrscheinlich aber nicht. (Renate Graber, 27.1.2021)