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PRO: Ein Gewinn für alle

von Eric Frey

Eine Krise ist stets auch eine Chance. So hat die Corona-Pandemie den Trend weg vom Bargeld zu elektronischem Cash beschleunigt – ein Gewinn für alle.

Das gilt vor allem für die Eindämmung großer Barzahlungen, denn diese haben immer nur den Zweck, Steuern zu hinterziehen oder illegale Tätigkeiten zu verschleiern. Österreich sollte entsprechende Pläne der EU-Kommission unterstützen, statt sie mit dem Hinweis, dass die Menschen so sehr am Bargeld hängen, zu bekämpfen.

Auch für die Begleichung kleiner Beträge ist das fast 800 Jahre alte Papiergeld überholt. Mit Karte oder Handy zu bezahlen ist einfacher und schneller, mit niedrigeren Transaktionskosten und effizienterer Buchführung für die Händler. Selbst ein Marktstand kann sich heute problemlos ein Terminal anschaffen. Dass Schwarzverkäufe dadurch verhindert werden, ist aus gemeinschaftlicher Sicht ein Vorteil.

Auch alte Menschen können sich ans Zahlen mit Karte gewöhnen; das zeigt sich in Schweden, wo Bargeld bis 2030 überhaupt verschwinden soll. Pensionistinnen müssen dann keine Taschendiebe mehr fürchten, und Bankraub wird unlukrativ. Weiters: Ohne Bargeld können Notenbanken Negativzinsen leichter durchsetzen und so eine schwache Wirtschaft stützen.

Natürlich braucht bargeldloses Zahlen einen sicheren Datenschutz. Aber das gilt auch fürs Online-Shopping, auf das heute kaum noch jemand verzichten will. (27.1.2021)

KONTRA: Tracking durch die Vordertür

von Muzayen Al-Youssef

Wo Geld im Spiel ist, ist stets auch eine Spur. Das ist die Realität unseres Finanzsystems, und die Politik sieht einen guten Grund darin, das nicht zu ändern. Schließlich würde alles andere das Tor für Geldwäsche öffnen und Kriminellen freies Spiel bereiten, lautet die Argumentation. Bargeld ist in dieser Rechnung ein Haken, denn wer mit Papiernoten zahlt, kann auch nicht zurückverfolgt werden.

Klar ist es praktisch, auf diese zu verzichten: Nie wieder beim Wirt zu sitzen und erst nach dem dritten Bier draufzukommen, dass man auf den Abstecher zum Bankomaten vergessen hat – gerade in Österreich, wo es immer noch viele Lokale gibt, die keine Kartenzahlung anbieten, wäre das erfreulich. Doch die Transparenz hat auch Konsequenzen. Man denke beispielsweise an sogenanntes Kreditscoring, bei dem die Kreditwürdigkeit eines Kunden anhand der vorhandenen Daten berechnet wird. Wer vielleicht zu viel Alkohol trinkt, könnte sich dann also im Extremfall plötzlich nicht mehr die eigene Wohnung finanzieren.

Sofern Anonymität gewährleistet werden kann, würde wohl auch jeder bereit sein, nur mehr digital zu zahlen. Aber bis dahin, und es ist unwahrscheinlich, dass das je der Fall sein wird, stellt sich die Frage: Muss eine Bank wirklich immer wissen, wann – und übrigens auch wo – ihre Kunden sich Sexspielzeug, Alkohol oder Zigaretten gekauft haben? (27.1.2021)