Im Audimax, dem größten Hörsaal der Universität Wien, werden derzeit bis zu 111 Studierende auf einmal geprüft. Normalerweise gibt es Plätze für 750.

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Das Ende des Semesters dieser Tage bildet die wichtigste Prüfungszeit an den Universitäten. Die Hochschulen sind seit mittlerweile fast einem Jahr im Lockdown, die meisten Lehrveranstaltungen finden digital statt, auch viele Prüfungen wurden auf Online-Formate umgestellt. Doch bei den Prüfungen ist die Neigung der Unis zur Versammlung der Studierenden vor Ort stärker ausgeprägt als beim Unterricht, zumal Onlineprüfungen einige Tücken haben.

Präsenz im Lockdown

Bei großen Vorlesungen führt das an der Uni Wien dazu, dass mehr als 100 Personen im Audimax zugleich geprüft werden, wie von einigen Betroffenen berichtet wird. So erhielten Publizistikstudierende just an dem Tag, an dem die Bundesregierung die Verschärfung des dritten harten Lockdowns verkündete, eine Mail der Studienprogrammleitung, wonach eine Vorlesungsprüfung Anfang Februar nichtsdestotrotz im Hörsaal stattfinden werde. Verbunden wurde das mit der "inständigen Bitte", sich vorher auf Corona testen zu lassen und eine FFP2-Maske zu tragen:

Mail an Publizistikstudierende vom 17. Jänner: Die große Prüfung soll am 3. Februar im Audimax stattfinden
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"Ich finde es fahrlässig, dass die Uni Wien unnötigerweise zu Präsenzprüfungen bittet, während andererseits über die Gefahren der infektiöseren Virusmutation gesprochen wird. Solche Entscheidungen konterkarieren die Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung", schreibt eine Studentin dem STANDARD. Man könne die Prüfung problemlos auch digital abhalten, sagt sie.

Fachlich zwingende Gründe

Bei der Uni Wien hält man auf Anfrage fest, dass Ausbildungszwecke von den Ausgangsbeschränkungen ausgenommen sind. Es werde aber für jede Prüfung überlegt, ob die Durchführung vor Ort "fachlich zwingend erforderlich" ist. Die Entscheidung darüber liege bei der zuständigen Studienprogrammleitung, erklärt eine Uni-Sprecherin. Im geschilderten Fall der Publizistikvorlesung habe man sich auf die Prüfung im Hörsaal festgelegt, weil diese eine "Voraussetzung für baldige Folge-Lehrveranstaltungen bildet" und man die Ergebnisse beim Präsenzmodus schneller auswerten könne.

Im Audimax legt die Uni Wien zur Einhaltung des Zwei-Meter-Abstands derzeit eine Belegung von höchstens 111 Personen fest – die normale Kapazität beträgt 750. Seit Montag gilt obendrein auch während der gesamten Prüfung eine FFP2-Masken-Pflicht – vergangene Woche reichte noch der gewöhnliche Mund-Nasen-Schutz.

Keine Präsenzpflicht bei hohem Risiko

Für Studierende, die einer Risikogruppe angehören, im Gesundheitswesen arbeiten, gefährdete Angehörige pflegen oder wegen Reisebestimmungen in Quarantäne sitzen, gibt es Ausnahmen. Sie müssen nicht vor Ort erscheinen und können sich auf digitalem Wege prüfen lassen, sofern sie einer der Bedingungen glaubhaft machen können. "Wenn es offenbar ohnehin digital funktioniert, könnte man das ja gleich bedingungslos für alle ermöglichen", erwidert dazu die Publizistikstudentin, die kommende Woche vor Ort erscheinen müssen wird. Vonseiten der Uni heißt es, man werde nochmals einen Aufruf starten, Prüfungen, "bei denen das möglich ist", in den digitalen Raum zu verlegen. (Theo Anders, 28.1.2021)