Sein Platz im Hospiz ist ihm sicher: Eigenbrötler Lothar (Jens Harzer) checkt zum Sterben ein.

Foto: ARD/WDR/Gordon Timpen

Lothars "Schatzi", der Hund.

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Im Hospiz lernt er Rosa (Corinna Harfouch) kennen.

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Lothar Kellermann kennt sich aus mit Fliesen, besonders angetan haben es ihm jene aus Marokko. Lange kann er sich darüber auslassen, welche Geschichte die Muster erzählen oder zu wem welche Farben passen.

In seinem Job als Fliesenverkäufer geht er auf, anders als im Privaten. Da redet er nicht so gern, lässt niemanden an sich heran. Nur zu seinem Hund sagt er "mein Schatzi" und wünscht sich, dass der nicht vor ihm stirbt. Mit dem Tier tut sich der alleinstehende Endvierziger eindeutig deutlich leichter als mit Artgenossen. Das Zwischenmenschliche liegt ihm nicht, über Gefühle zu reden, findet er überflüssig, sich in andere hineinzuversetzen, hat er nie gelernt. Kein Wunder, dass sich Familie und Freunde von ihm abgewendet haben. Er vermisst sie nicht, zumindest tut er so, als habe er es sich ganz gemütlich eingerichtet in seinem kargen, nüchternen Leben. Aber dann der Hammer: Lymphdrüsenkrebs im Endstadion.

Die Liste vor dem Tod

Die Hauptrolle in Ruhe! Hier stirbt Lothar, zu sehen Mittwochabend um 20.15 Uhr in der ARD, spielt Jens Harzer. Er ist Träger des Iffland-Rings, das ist eine der größten Auszeichnungen im deutschsprachigen Theater. Regie führte Grimme-Preisträgerin Hermine Huntgeburth.

Harzer schafft es, seinem Lothar einen ganz eigenen spröden Stempel aufzudrücken und authentisch den Weg eines Mannes nachzuzeichnen, dem das Leben gleich zweifach einen fetten Strich durch die Rechnung macht.

Es wäre nicht Lothar, würde er sich nach der Diagnose nicht gleich daranmachen, sein Leben nach dem Tod zu ordnen. Patientenverfügung, Spende und Hund ins Tierheim, Verkauf der Firma und des Hauses. Es gibt ja so einiges zu tun, wenn man weiß, dass man nicht mehr lange zu leben hat. Akribisch arbeitet er seine Liste ab und checkt sich einen Platz im Hospiz. Nur kurz gönnt er sich dort einen Zusammenbruch. Nein, übertrieben wehleidig ist er nicht, der Lothar. Denn was sein muss, muss sein.

Per Du kurz vorm Sterben

Im Hospiz lernt er die lebensfrohe, aber sterbenskranke Rosa (Corinna Harfouch) kennen (Rosa: "Brustkrebs mit Knochenmutanten im Endstadium", Lothar: "Lymphdrüsenkrebs mit Hautmanifestationen, auch im Endstadium", Rosa: "Wollen wir Du sagen, Lothar? Ist ja nicht für lange") .

Doch dann schlägt das Schicksal noch einmal zu. Denn seine vermeintlich todbringende Krankheit entpuppt sich als Fehldiagnose. Damit hat Lothar jetzt nicht gerechnet. Er tut sich gar nicht leicht mit dem Gedanken, doch noch länger auf dieser Welt zu sein. Kitschiges Happy End von wegen zweiter Chance? Klassische Wandlung vom Misanthropen zum Menschenfreund? Nein, so einfach macht es uns Lothar nicht. Gut so. (Astrid Ebenführer, 27.1.2021)