Neos-Abgeordnete Krisper und SPÖ-Mandatar Krainer sehen sich in ihren Annahmen bestätigt, dass die ÖVP der SPÖ und den Neos die "Schuld in die Schuhe schieben" will.

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Wien – Das unter anderem im STANDARD erschienene Interview des Ibiza-Detektivs Julian H., der die Videofalle gegen den ehemaligen Vizekanzler und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache organisiert hatte, hat am Mittwoch für Aufregung im U-Ausschuss gesorgt. SPÖ-Fraktionsführer Jan Krainer sah darin eine "Bombe", die zu Konsequenzen führen werde. "Skandalöse Enthüllungen" ortete auch FPÖ-Fraktionsführer Christian Hafenecker.

Für Krainer erschließt sich nun das Handeln der ÖVP, die seit Monaten versuche, der SPÖ die Schuld in die Schuhe zu schieben, das Video in Auftrag gegeben zu haben. Dazu passe, dass H. nun erkläre, dass ihm zwei Millionen Euro angeboten worden seien, wenn er fälschlicherweise behaupte, dass der Industrielle Hans Peter Haselsteiner oder die SPÖ etwas damit zu tun hätten. Auch für Neos-Fraktionsführerin Stephanie Krisper liegt der Konnex auf der Hand: "Genau das ist das Narrativ, an dem die ÖVP festhält." Auch am Befragungstag am Dienstag mit dem ehemaligen SPÖ-Kampagnenchef Johannes Vetter und dem SPÖ-nahen Werber Nikolaus Pelinka habe die ÖVP versucht, dieses zu befördern. "Langsam" passe alles zusammen, so Krisper.

Hafenecker will Van der Bellen in U-Ausschuss laden

Als "skandalöse Enthüllungen" bezeichnete Hafenecker die Interviews, wenn auch aus anderen Beweggründen. Für den Freiheitlichen ergibt sich dadurch ein Bild, dass es sich um einen "Staatsstreich" gehandelt habe. "Das sind Dinge, die wir nicht auf uns sitzen lassen können", so Hafenecker, der sich vor allem daran stößt, dass H. zu Protokoll gab, dass er die Bundespräsidentschaftskanzlei vorab in Kenntnis gesetzt habe. Das bedeute, dass Bundespräsident Alexander Van der Bellen und sein enger Mitarbeiter Lothar Lockl informiert gewesen seien und sich "de facto offensichtlich mit einem Kriminellen zusammengetan" hätten. Und was habe Van der Bellen gemacht? Er habe sich "eingebunkert", so Hafenecker: "Mehr ist nicht passiert."

Hafenecker will nun Van der Bellen und Lockl in den U-Ausschuss laden, um zu klären, was da vorgegangen sei. Denn Van der Bellen sei kein unparteiischer Präsident und mache Parteipolitik. Zudem hielten sich "hartnäckig" Gerüchte, dass es nach Information durch den Ibiza-Detektiv einen "terminlichen Ablauf" mit mehren Besprechungen in der Präsidentschaftskanzlei gegeben habe. Das könne man zwar nicht belegen, so Hafenecker, das wolle man aber Lockl und – wenn nötig – Van der Bellen fragen. Eine "weitere Tangente" sah Hafenecker darin, dass H. behaupte, dass Ex-FPÖ-Klubchef Johann Gudenus offenbar aus Kreisen der ÖVP vor einer Videofalle gewarnt worden sei. "Woher hat die ÖVP das gewusst, was hat es mit der Warnung auf sich?", will Hafenecker wissen.

Die Präsidentschaftskanzlei wollte auf Anfrage der APA keine Stellungnahme zu der von Hafenecker beabsichtigten Ladung des Bundespräsidenten abgeben. Lockl wies die Vorwürfe als "völlig absurd" zurück. Er kenne H. nicht und habe ihn auch nie getroffen.

ÖVP spricht von "ÖVP-Bashing"

Weniger aufgeregt zeigte sich ÖVP-Fraktionsführer Wolfgang Gerstl, der abermals ein "ÖVP-Bashing" ortete. Denn bei den Befragungen tags zuvor habe sich klar gezeigt, dass die SPÖ bereits 2017 von der Existenz des Videos wusste und der damalige Parteichef Christian Kern spätestens 2018 darüber informiert gewesen sei. Einen Tag später habe er dann mit Strache gewettet, dass er länger Parteichef bleibe als dieser, so Gerstl: "Die SPÖ war, lange bevor dieses Video veröffentlicht wurde, über den Sachverhalt informiert. Die Frage ist, warum hat sie es nie zur Anzeige gebracht?" (APA, 27.1.2021)