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Kein Plus, sondern ein dickes Minus bescherte die Corona-Krise der Schweizer Uhrenindustrie.

Foto: REUTERS/Arnd Wiegmann

Wenn es eine Branche gibt, die es immer wieder schafft, auf die Beine zu kommen, dann die Schweizer Luxusuhrenindustrie. Eine Feststellung, der Experten, Analysten und andere Beobachter vollinhaltlich zustimmen werden. Von der lebensbedrohenden "Quarzkrise" in den 1970ern über das Platzen der Dotcom-Blase 2000, "9/11", die Finanzkrise 2007 und Sars bis zum Frankenschock 2015 – irgendwie hat sich die drittwichtigste Industrie der Eidgenossen immer wieder aufgerappelt.

Nun also Corona, "die absolut größte Krise", wie selbst der als Optimist bekannte Swatch-Group-Boss Nick Hayek zugeben musste. Sie hat beim Uhrenkonzern zu einem Umsatzkollaps und einem tiefroten Ergebnis geführt. Zum ersten Mal in der Geschichte des Unternehmens.

Chinesen wichtigste Kundengruppe

Unter dem Strich verbuchte der weltgrößte Hersteller von hochpreisigen Zeitmessern einen Verlust von 53 Millionen Franken (rund 49 Millionen Euro), wie der Anbieter von Marken wie Omega, Tissot oder Glashütte Original am Donnerstag mitteilte. Im Jahr davor hatte Swatch noch einen Gewinn von 748 Millionen Franken (695 Millionen Euro) geschafft.

Der Umsatz brach um 32,1 Prozent auf 5,6 Milliarden Franken (5,2 Milliarden Euro) ein, weil staatliche Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie zur Schließung von vielen Geschäften führten. Zudem konnte die wichtigste Kundengruppe, die Chinesen, vorübergehend nicht ins Ausland reisen und dort einkaufen.

Spitze bei hochpreisigen Zeitmessern

Insgesamt verzeichneten die Schweizer Uhrenexporte in den ersten zehn Monaten des Jahres 2020 mit einem Rückgang von gut einem Viertel den stärksten Einbruch seit dem Zweiten Weltkrieg. So brach auch der Uhrenumsatz des Luxusgüterkonzerns Richemont im ersten Geschäftshalbjahr bis Ende September um 34 Prozent auf 1,75 Milliarden Franken (1,63 Milliarden Euro) ein. Dessen Uhrenportfolio umfasst so hochpreisige Marken wie Cartier, Hublot und A. Lange & Söhne.

Noch kann niemand seriös sagen, wie man aus diesem Loch herauskommen wird. Aber trotz dieser ernüchternden Zahlen bleiben die hochpreisigen mechanischen Ticker aus eidgenössischer Produktion weltweit unangefochten an der Spitze.

Minus deutlich kleiner

So sind die Exporte von Schweizer Uhren zwar weiter rückläufig, das Minus ist zum Jahresende hin aber immer kleiner geworden. Vor allem die Ausfuhren nach China legten im Dezember erneut deutlich zu. Die gesamten Schweizer Uhrenexporte beliefen sich im Dezember auf 1,72 Milliarden Franken (1,6 Milliarden Euro) – ein Minus von 2,5 Prozent gegenüber dem Vorjahreswert, teilte der Verband der Schweizerischen Uhrenindustrie (FH) am Donnerstag mit.

In den Monaten davor waren die Minusraten deutlich höher gewesen. Im Lockdown-Monat April brachen die Ausfuhren von Zeitmessern wegen der verordneten Geschäftsschließungen und Reisebeschränkungen um über 80 Prozent ein. Erste Anzeichen einer Erholung gab es dann ab Juni, da betrug der Rückgang aber immer noch gut ein Drittel.

Entspannung am Jahresende

Immerhin hat sich die Geschäftslage für die Uhrenhersteller zum Jahresende hin entspannt. Das hat vor allem mit dem starken Wachstum in China zu tun, das die Pandemie schneller als etwa die USA oder Europa in den Griff bekam – was auch dem Konsum zugutekam.

Da Chinesen kaum mehr auf Reisen gehen, kaufen sie teure Uhren und Schmuck vermehrt im eigenen Land ein. Im Dezember kletterten die Exporte von Schweizer Uhren nach China erneut um 45 Prozent in die Höhe, nachdem bereits in den Monaten davor starke zweistellige Wachstumsraten vermeldet werden konnten.

USA jetzt zweitgrößter Markt

Über das gesamte Jahr wuchsen die Uhrenexporte nach China um ein Fünftel auf 2,39 Milliarden Franken (2,22 Milliarden Euro). Damit hat das Land das für Shopping-Tourismus bekannte Hongkong als wichtigsten Importeur von Schweizer Uhren abgelöst. In Hongkong brachen die Verkäufe 2020 um 37 Prozent ein, wobei das Minus im Dezember mit 19 Prozent auf einem hohen Niveau blieb.

Besser als Hongkong hielt sich im Dezember der nun zweitgrößte Markt für Schweizer Uhren, die USA (minus 2,4 Prozent). In Europa belief sich das Minus auf zehn Prozent, wobei Deutschland, Großbritannien und vor allem Frankreich zweistellige Einbußen verzeichneten.

Günstige Uhren als Verlierer

Im Verlauf des vergangenen Jahres haben die günstigeren Zeitmesser gegenüber teuren Schweizer Uhren weiter an Boden verloren. Uhren von Marken wie Swatch, Certina oder Modelabels wie Puma oder Guess setzt nicht nur die Corona-Krise, sondern seit längerem die wachsende Konkurrenz durch die Apple Watch und Fitnesstracker zu.

Das war auch im Dezember so. Da sackten die Ausfuhren von Schweizer Uhren aus dem günstigsten Segment mit Exportpreisen von unter 200 Franken um ein Fünftel ab. Und auch bei Uhren zu Preisen zwischen 200 und 500 Franken sanken die Ausfuhren in Franken gemessen um knapp 15 Prozent.

Ein starker Anstieg wurde dagegen beim Export von Uhren zu Preisen zwischen 500 und 3.000 Franken verbucht, während bei noch teureren Zeitmessern ein Exportrückgang von sechs Prozent gemessen wurde. (max, APA, Reuters, awp, 28.1.2021)