Michael R. Silverman und Bonnie L. Bassler haben die "Achillesferse" von Bakterien entdeckt.
Fotos: Florence McCall, Bonnie L. Bassler

Für ihre Entdeckungen zur Kommunikation von Bakterien erhalten zwei US-amerikanische Mikrobiologen in diesem Jahr den Preis der Paul-Ehrlich-Stiftung. Die alljährliche vergebene Auszeichnung für medizinische Forschung trägt seit der Zusammenlegung zweier früherer Preise den etwas sperrigen Namen Paul-Ehrlich-und-Ludwig-Darmstaedter-Preis und ist mit 120.000 Euro dotiert. Wegen der Corona-Pandemie wird die Preisverleihung erst am 14. März 2022 stattfinden – zusammen mit der Ehrung der Preisträger des nächsten Jahres.

Der mit 60.000 Euro dotierte Nachwuchspreis geht an die Bonner Entwicklungsbiologin Elvira Mass. Die 34-Jährige ist Professorin am Life and Medical Sciences Institut der Universität Bonn. Sie hat sich mit der Frage beschäftigt, wie sich Organe entwickeln und was sie gesund erhält. Die Weichen dafür werden schon im frühen Embryo gestellt, wie die Preisträgerin "in einer Reihe eleganter Experimente" gezeigt habe, so die Jury.

Achillesferse von Bakterien entdeckt

Bassler (53) lehrt an der Princeton University und dem Howard Hughes Medical Institute (New Jersey), Silverman (77) arbeitete vor seiner Emeritierung am Agouron Institute in La Jolla (Kalifornien). Die beiden haben gezeigt, "dass kollektives Verhalten nicht nur die Regel unter vielzelligen Organismen ist, sondern auch unter Bakterien", wie es in der Begründung der Jury zur Preisvergabe heißt.

Die Kommunikation zwischen Bakterien sei "eine Achillesferse", die neue Ansätze liefere, Mikroben zu bekämpfen: "Statt Bakterien mit Antibiotika zu töten, können nun Substanzen entwickelt werden, die die bakterielle Kommunikation unterbinden. Die Forschung der Preisträger hat damit eine erhebliche Relevanz für die Medizin."

Hintergrund

Silverman und Bassler haben herausgefunden, dass Bakterien Signale senden und empfangen. Die Mikroorganismen wollen wissen, ob sie allein oder mit vielen Artgenossen dort sind. Für diese Kommunikation wurde der Begriff Quorum Sensing geprägt. Um die Zahl an Bakterien zu messen, analysieren sie bestimmte "Sprachmoleküle". Überschreitet die Konzentration einen bestimmten Schwellenwert, setzt ein gruppenspezifisches Verhalten ein.

Silverman hatte das Phänomen erstmals in den 1980er-Jahren bei Zwergtintenfischen entdeckt, die nachts blau-grün leuchten – dank eines Bakteriums. Bassler entdeckte Anfang der 1990er-Jahre, dass es noch andere Sprachmolekül gibt. Sie informieren die Bakterien, ob auch andere Arten dort sind und wer in der Überzahl ist. Bakterien sind also nicht nur äußerst kommunikativ, so der Stiftungsrat, sie beherrschen sogar mehrere Sprachen.

Die Bedeutung dieser Erkenntnisse sei "erst kürzlich in ihrer ganzen Tragweite erkannt worden", sagte der Vorsitzende des Stiftungsrats, Thomas Boehm. Inzwischen sei bekannt, dass alle Bakterien auf diese Weise kommunizieren. "Das hat nicht nur zu einem fundamentalen Perspektivenwechsel in der Bakteriologie geführt, sondern ebenso zu gänzlich neuen Ansätzen in der Antibiotika-Forschung." (APA,red, 28. 1. 2021)