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Wintersport hat mehrere Probleme – verschiedene Technologien sollen manche davon lösen.

Foto: Reuters / LISI NIESNER

Obwohl die Skigebiete nicht ganz leer sind, treffen Covid-19, die Streichung von Skikursen in den Schulen und die Erderwärmung der letzten Jahre den Wintersport massiv. Eine neue Studie hat Meinungen von Experten gesammelt, wie man mit neuen Technologien, etwa Virtual Reality oder Gaming, aktiv gegen diese Entwicklung ankämpfen kann. Der STANDARD hat mit drei Fachleuten aus verschiedenen Gebieten über die Ergebnisse dieser Studie gesprochen.

Experten gefragt

Sascha L. Schmidt forscht am Center for Sports and Management der deutschen WHU und leitete die aktuelle Studie zum Thema "Einfluss von Technologie auf die Zukunft des Wintersports". Normalerweise liegen fünf Jahre zwischen Studien dieser Art. Aufgrund der Pandemie und der damit neuen Bedingungen legt man dieses Jahr ausnahmsweise bereits zwölf Monate nach der letzten Befragung eine neue Studie vor. 53 Expertenmeinungen wurden dafür zusammengetragen, von Athleten, Medienvertretern, Sportartikelherstellern und Marketingverantwortlichen. So wurden Zukunftsszenarien für das Jahr 2025 gezeichnet, die sowohl Probleme als auch Möglichkeiten aufzeigen.

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Wearables werden in den kommenden Jahren einen Boom erleben.
Foto: Reuters / BRIAN SNYDER

Wearables und Navigation

Ein klarer Trend, so erläutert Schmidt eine Erkenntnis der Studie, liege im Bereich Wearables. Egal ob Smartwatch oder Fitnessband, die Nutzer wollen zunehmend ihre Bewegung messbar machen. Vor allem im Hobbybereich sei diese Entwicklung gut für die Motivation, noch den einen Kilometer mehr zu laufen, aber auch die eigene Gesundheit im Blick zu behalten.

Im Bereich Navigation sei aber noch mehr möglich, so die Studie. So seien etwa Skihelme mit Navigationssystemen nicht nur praktisch, sondern können auch der Sicherheit dienen, um in Notsituationen den richtigen Weg zu finden. Möglich wäre das etwa mithilfe von Augmented Reality. Dank einer visuellen Darstellung auf der realen Strecke könnte man sich den sicheren Streckenverlauf bis ins Tal einblenden lassen. Folien auf Skiern gibt es laut Schmidt schon, die nachvollziehbar machen, wo sich der jeweilige Skifahrer bewegt hat und wo etwaige Unebenheiten für ein Risiko gesorgt haben. Diese könnten dann schnell gefunden und ausgebessert werden.

Hürden für Menschen mit Behinderung könne man mit Virtual-Reality-Konzepten begegnen. So würde die Skipiste "zum Nutzer nach Hause kommen" und so den Eindruck vermitteln, man sei auf einem Berg oder würde diesen sogar herunterfahren. In diesem Feld sei Forschung in den nächsten Jahren von großer Bedeutung, so die Studie.

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Ski-Simulatoren in VR gibt es schon.
Foto: AP, Gregory Bull

Gaming und E-Sport

Laut dem Skiverband FIS ist der Altersschnitt der Zuschauer, die Weltcuprennen beiwohnen, 61 Jahre. Die Überalterung der Zielgruppe ist also ein großes Thema, bei dem man aber nicht so recht weiß, wie man es lösen soll. Rene Wurz ist Mitte 20 und erfolgreicher Streamer von Videospielen. Sein Publikum ist jung. Im Interview erzählt er, wie er über seine Eltern zum Skisport gekommen ist und deshalb selbst oft Werbung für diese Art der körperlichen Ertüchtigung in seinen Streams macht. Firmen, die mit ihm als Marke für den Wintersport werben wollen, haben sich aber noch nicht bei ihm gemeldet. Einladungen zu Events gab es bisher nur von Videospielherstellern wie Ubisoft, die an Snowboard-Games gearbeitet haben und in jungen Streamern sehr wohl einen Marketing-Verstärker erkennen.

Rene Wurz ist erfolgreicher Streamer aus Österreich. Sein Publikum sind Kinder und Jugendliche.
Foto: Rene Wurz

Kooperationen, etwa jene zwischen österreichischer Bundesliga und dem Fifa-Entwickler Electronic Arts oder auch die zwischen Red Bull und Ubisoft beim Snowboard-Game Steep, scheinen der Wintersport-Industrie hierzulande noch fremd. Auch die Experten in der Studie stellen fest, dass es aktuell kein Spiel in diesem Setting gibt, das beispielsweise als E-Sport-Titel für mehr Begeisterung unter der jungen Zielgruppe sorgen könnte. Im Vergleich zur Vorjahresstudie gesteht man Spielen allerdings zu, für steigenden "Appetit" in Richtung realer Wintersport sorgen zu können. Wohl auch deshalb, weil Covid-19 noch einmal die Spielerschaft weltweit vergrößert hat und man so sehr "einfach" an eine sehr große Zielgruppe gelangen könnte.

Wurz könnte sich beispielsweise eine virtuelle Ski-Liga vorstellen, die junge Spieler mehr für das Thema begeistert. Einen ähnlichen Ansatz fährt die Bundesliga seit 2016: Sie lädt jährlich zur E-Bundesliga ein, in der sich Fifa-Spieler in den Stadien zur Vorausscheidung treffen, um dann in einem großen Finale gegeneinander anzutreten. Die Studie, so betont ihr Leiter Schmidt, gesteht dem Wintersport keine große Affinität zur Digitalisierung zu, durch die Pandemie sei ein Umdenken allerdings zu erwarten.

Das Spiel "Steep" von Ubisoft könnte ein Beispiel sein, wie man Gaming und Wintersport zusammenbringt.
Foto: Ubisoft

Zurück zur Normalität

Die vielgeforderte Normalität wünscht man sich im Wintersport nur bedingt. Abgesehen davon, dass die Studie eine Normalisierung bei den Skiurlauben frühestens 2023 sieht, sind derzeit sowohl die Kosten als auch der Komfort bei der Buchung eines Winterurlaubs noch nicht da, wo sie sein sollten. Auch das Wegbrechen der Nachfolgegeneration bleibt Thema, gibt es doch weder Konzepte in Richtung Gewinnung der jungen Zielgruppe, noch geplante oder öffentlich kommunizierte Kooperationen mit Videospielherstellern oder E-Sport-Veranstaltern.

"Der Wettbewerbsdruck in 2.000 Metern Höhe ist überschaubar," antwortet Christian Rau, CEO von Mastercard Österreich, auf die Frage, warum man im Wintersport beim Thema Digitalisierung so hinterherhinkt. Aber langsam, so bemerkt man, findet ein Umdenken statt: "Hüttenwirte sind ja auch Konsumenten und bemerken eine Veränderung in ihrem Verhalten." Dennoch ist weder das einfache kontaktlose Zahlen noch das Einbauen neuer Technologien in das Wintersporterlebnis ein Selbstläufer für Tourismus und Funktionäre.

Ein Eindruck aus der Studie. In dieser Form wurden die Fragen gestellt und beantwortet.
Foto: WHU / Mastercard

Die Studie gibt deshalb das Ziel aus, bis 2025 neue Schwerpunkte zu setzen. Einheitliche Bezahl- und Buchungsoptionen müssen flächendeckend angeboten werden, jüngere Zielgruppen mit neuen Technologien und passenden Games für den Wintersport begeistert werden. Augmented-Reality- und Virtual-Reality-Forschung könne Schranken für neue Zielgruppen beseitigen, auch wenn Technologien meist auch bedeuten, dass ein ohnehin sehr elitärer Sport dadurch noch teurer für den Konsumenten werden könnte. Der durch Corona erzwungene Innovationsschub, so sind sich die Experten der Studie einig, könne zumindest langfristig der Branche helfen, ein lang überfälliges Umdenken zu bewirken. (Alexander Amon, 29.1.2021)