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PRO: Stoppt die Lifte!

von Katharina Mittelstaedt

Wem bei den aktuellen Meldungen aus Skigebieten noch immer nicht der Germknödel im Hals stecken bleibt, betreibt vermutlich eine Seilbahn. Für alle anderen, die zu Hause sitzen, denen die Decke auf den Kopf fällt, die Kinder im Homeoffice betreuen, weil sie nicht in die Schule sollen – die alle haben jetzt wirklich genug gehört: Stoppt die Skilifte!

Es gab ein paar gute Argumente für die Öffnung der Pisten. Natürlich steckt sich niemand an, während er durch den Schnee wedelt. Warteschlangen und Gondeln sind ein Risikobereich, der sich mit guten Konzepten eingrenzen lässt – vielerorts wurde das bewiesen. Das Problem sind ein paar wenige unbelehrbare Seilbahnchefs und Hoteliers, denen offenbar nichts zu blöd ist und für die sich die Behörden blind stellen.

In Tirol wurden Urlauber an vorgegaukelten Zweitwohnsitzen und "arbeitssuchende" Wintersportler aus dem Ausland beherbergt. Es wurden "Skilehrer" ausgebildet, die im Lockdown erstmals auf zwei Brettern standen – ein Cluster nach dem anderen poppt rund um die Alpen auf. Es reicht.

Ein trotziges Argument für offene Lifte ist, dass Städter doch auch mit der U-Bahn zum Park fahren. Ja, auch in die Arbeit – und es gibt niemanden, der schäbige Tricks sucht, um mit Spaziergängern Geld zu verdienen. Skilifte aufzusperren war ein Versuch. Er ist gescheitert. Bleiben sie offen, verhöhnt das alle, die ihren Germknödel brav vor dem Fernseher essen. (Katharina Mittelstaedt, 28.1.2021)

KONTRA: Keine Sippenhaft für Skifans

von Gerald John

Trotz grauslicher Schlagzeilen und selbstherrlicher Wintersportzampanos: Offene Skilifte sind keine Brutstätten des Coronavirus. Das legen die offiziellen Clusteranalysen nahe, die auch Gondelfahrten und Schlangestehen einbeziehen. Die allermeisten Kontakte finden eben an der frischen Luft, kurzzeitig und unter Sicherheitsvorkehrungen (FFP2-Maske, Abstand) statt.

Die weit gefährlicheren Begleiterscheinungen rechtfertigen nicht, die große Mehrheit, die das Skiprivileg mit Disziplin nützt, in Sippenhaft zu nehmen. Quasi mit der Schrotflinte auf alles zu schießen, was sich bewegt, ist kein taugliches politisches Prinzip. Es gilt, die Probleme dort anzupacken, wo sie entstehen. (Gefakte) Skilehrerkurse, bei denen sich die Teilnehmer reihenweise im gemeinsamen Quartier anstecken, lassen sich ebenso abstellen wie Meldetricks, um sich verbotene Aufenthalte zu erschleichen. Bringen manche Gebiete keine verlässliche Regulierung auf die Reihe, gehört der Stecker gezogen.

Soll jede Ansteckungsgefahr ausgeschlossen werden, dann müssten Eislaufplätze und Spielplätze genauso gesperrt werden: Menschen reisen in engen Transportmitteln an (U-Bahn, Bim, Bus), kommen sich nahe, gehen danach vielleicht noch in eine Wohnung essen. Doch Corona-Politik muss auch die Kollateralschäden abwägen. Wer alles schließt, braucht sich über explodierende Depressionszahlen nicht zu wundern. (Gerald John, 28.1.2021)