Andreas Scheuer sieht kein Mautdebakel. Er hat alles richtig gemacht.

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"Heute kommt der Knaller, heute, am letzten Tag, wird er zurücktreten." So feixen ein paar deutsche Oppositionsabgeordnete am Donnerstag im Bundestag, bevor sie zum letzten Mal in den Maut-Untersuchungsausschuss gehen.

Sie lachen dabei. Natürlich. Denn an diesem letzten Tag ist noch einmal der deutsche Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) als Zeuge geladen. Und der hat nach wie vor, trotz heftiger Forderungen der Opposition, nicht vor abzutreten.

In 46 Sitzungen haben sich vor allem die Abgeordneten von Grünen, FDP und Linken damit abgemüht, Scheuer Fehlverhalten im Mautdebakel nachzuweisen.

Vorgeschichte

Zur Erinnerung: Scheuer schloss Ende 2018 die Verträge mit den Mautbetreibern, darunter die Wiener Firma Kapsch, ab, obwohl beim EuGH noch eine Klage Österreichs gegen die "Ausländer-Maut" anhängig war. Im Juni 2019 kippte das Gericht dann das Projekt, weil es nicht mit EU-Recht vereinbar war. Scheuer kündigte die Mautverträge, nun fordern die ehemaligen Betreiber 560 Millionen Euro Schadenersatz.

"Ich verstehe den Unmut", räumt Scheuer ein. Und dennoch: "Auch heute in der Rückschau habe ich weder an den Mitarbeitern noch an den Prozessen irgendeinen Zweifel."

Im März 2018, als er das Verkehrsministerium übernahm, sei das Projekt der Infrastrukturabgabe, die nur für Ausländer gelten sollte, schon mehrfach abgesegnet worden: vom Bundestag, vom Bundesrat, auch mit Unterschrift des Bundespräsidenten.

"Abweichende Aussage"

Noch einmal kommt die Sprache auf ein Treffen der Mautbetreiber mit Scheuer im Herbst 2018. Daran, dass diese angeboten haben, mit der Unterschrift unter den Verträgen noch zu warten, bis das Urteil vorliege, kann sich Scheuer nicht erinnern. Es gibt darüber auch keine Protokollnotiz, nur die übereinstimmenden Aussagen der Herren, unter anderem von Georg Kapsch. Eine "teilweise abweichende" Aussage nennt Scheuer diese.

Er findet auch aus anderem Grund nicht, dass er mit der Unterschrift hätte warten sollen. Schließlich habe der Generalanwalt am EuGH grünes Licht gegeben und keine Rechtsverstöße gesehen. "Können Sie sich einen besseren Gewährsmann vorstellen?", fragt Scheuer in die Runde der Abgeordneten. Aber der Generalanwalt war letztendlich nicht ausschlaggebend, sondern die Richter. Und die entschieden gegen das Projekt.

Kein Rücktritt

"Das Mautdebakel reicht für drei Minister-Rücktritte", sagt der grüne Verkehrsexperte, Oliver Krischer. Auch die FDP sieht Verstöße gegen das Haushaltsrecht, außerdem habe Scheuer den Bundestag belogen.

Eine Zeitlang wackelte der Minister in den vergangenen Monaten. Doch von Rücktritt will er nichts wissen, auch die CSU steht hinter ihm. So erklärt er, als am Nachmittag Lichtstrahlen in den Saal dringen, lächelnd: "Für mich geht die Sonne gerade auf." (Birgit Baumann aus Berlin, 29.1.2021)