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Andrea Orcel wird im April von Mailand aus die Unicredit steuern. Davor muss er sich um seine privaten Finanzen kümmern.

Foto: Reuters / Olivia Harris

Kein Job, viel Geld. Diese Konstellation klingt paradiesisch, kommt aber durchaus vor. Zumindest die Aussicht auf hohen Verdienst ohne Gegenleistung hat derzeit ein bekannter Banker. Die Rede ist von Andrea Orcel, der künftig die Unicredit führen wird. Die italienische Bank-Austria-Mutter hat dessen Bestellung ab April angekündigt.

Besagtem Orcel wurde nicht etwa so viel Zeit eingeräumt, weil er sich aus einem bestehenden Arbeitsverhältnis lösen müsste. Nein, der Italiener soll die verbleibenden Monate nutzen, um einen schon länger schwelenden Streit zu beenden.

Zwei Sichtweisen für Rückzieher

2018 wurde Orcel nämlich von der spanischen Großbank Santander angeheuert, nachdem er davor bei der Schweizer UBS im Sold gestanden hatte. Doch das Engagement platzte überraschend kurz vor Amtsantritt vor zwei Jahren. Was die Gründe des Rückziehers anbelangt, gibt es zwei verschiedene Darstellungsweisen: Orcel behauptet, es sei um seine Befugnisse gegangen. Unumstrittene Chefin bei Santander ist die Verwaltungsratspräsidentin Ana Botín. Das selbstbewusste Auftreten des Italieners in der Jobvorbereitung habe in Madrid Zweifel ausgelöst, ob er sich in die Rolle der Nummer zwei einfinden werde, berichtete damals das "Handelsblatt".

Es riecht nach Vergleich

Laut Santander ging es ums Geld, genauer gesagt um die Abfindung von Bonifikationen, auf die Orcel als damaliger Investmentbankchef bei der UBS Ansprüche hatte. Von rund 50 Millionen Euro ist die Rede. Die hat Orcel dann auch eingeklagt – und noch etwas mehr. Er machte zudem Verdienstentgang geltend, womit sich seine Forderung auf die hübsche Summe 112 Millionen Euro läpperte.

Nun riecht es stark nach Vergleich. Als Unicredit-Chef wären Schlagzeilen im Rahmen gerichtlicher Auseinandersetzungen wenig erquicklich. Zumal in dem Infight möglicherweise strafrechtlich relevante Vorwürfe erhoben werden. Reuters berichtete bereits von einer möglichen Einigung bei 60 Millionen Euro.

Bis April wird nun Carlo Vivaldi interimistisch die Nachfolge des scheidenden Unicredit-Chefs Jean-Pierre Mustier antreten.

Kein leichtes Amt

Orcel wird kein leichtes Amt antreten – so nicht wieder etwas dazwischen kommt. Der Eishockeyspieler könnte schon bald mit einem Bodycheck des Staates konfrontiert sein, der Unicredit die notverstaatlichte Monte dei Paschi di Siena umhängen will. Das Institut kämpft mit einem Bilanzloch von 2,5 Milliarden Euro. Der scheidende Mustier hat sich erbittert gegen den Politdeal gewehrt. Orcel ist nicht gerade dafür bekannt, sich kampflos geschlagen zu geben.

Wilder Ritt in Siena

Ausreichend gewappnet ist Orcel für die sich anbahnende Auseinandersetzung: Er hat Monte dei Paschi bei der Übernahme von Banca Antonveneta beraten. Der Deal trug dann zum Niedergang von Monte dei Paschi bei. (as, 28.1.2021)