Im Rahmen einer wissenschaftlichen Arbeit umfangreiche Texte ohne Quellenangabe abzuschreiben ist keine Kleinigkeit. Das Vertrauen des Arbeitgebers kann stark erschüttert sein, wenn er von einem solchen Plagiatsvorfall in seinem Unternehmen erfährt. Es stellt sich zunächst die Frage, ob eine Entlassung gerechtfertigt ist.

Vertrauensverlust

Von den Entlassungstatbeständen des § 27 Angestelltengesetz (AngG) kommt die Vertrauensunwürdigkeit infrage. Aus diesem Grund darf ein Angestellter entlassen werden, der etwas getan oder unterlassen hat, das ihn des dienstlichen Vertrauens seines Arbeitgebers "unwürdig" erscheinen lässt, sodass dem Arbeitgeber eine Fortsetzung des Dienstverhältnisses nicht mehr zumutbar ist.

Es reicht, dass der Angestellte fahrlässig gehandelt hat. Vorsatz ist ebenso wenig notwendig wie ein Schadenseintritt oder die Absicht, den Arbeitgeber zu schädigen. Ob der Vertrauensbruch derart schwerwiegend ist, dass er eine Entlassung zulässt, wird nicht nach den Erwartungen des konkreten Arbeitgebers, sondern nach objektiven Grundsätzen beurteilt.

Zeit kann Wunden heilen

Zwar kommt auch außerdienstliches Verhalten – soweit es für die Arbeit relevant ist – infrage. Allerdings muss sich ein Entlassungstatbestand grundsätzlich während der Dauer des Dienstverhältnisses ereignet haben. Nur im Einzelfall können etwa Straftaten, die ein Mitarbeiter vor der Anstellung begangen hat, zur Entlassung berechtigen. Dafür muss ein Zusammenhang mit der seinerzeitigen strafbaren Handlung und dem nunmehrigen Arbeitsbereich gegeben sein. Jugendsünden schaden nicht, wenn sich der Mitarbeiter über lange Zeit durch Wohlverhalten ausgezeichnet hat.

Christine Aschbacher musste wegen ihrer Plagiatsaffäre als Ministerin zurücktreten.
Foto: APA/HERBERT NEUBAUER

Objektive Beurteilung im Einzelfall

Daraus folgt für den Mitarbeiter, der plagiiert hat: Je länger der Schwindel zurückliegt, je korrekter sich der Mitarbeiter seitdem verhalten hat und je weniger Titel und wissenschaftliche Standards für seine Arbeit relevant sind, desto weniger wird die Entlassung zulässig sein – vorausgesetzt natürlich, dass der Mitarbeiter sich keine finanziellen Vorteile (höheres Gehalt) verschafft hat. Je höher seine oder ihre Position im Unternehmen ist, je mehr der Betroffene Vorbildfunktion für sein Team hat und je weniger seine (finanziellen) Gebarungen im Unternehmen kontrolliert werden (können), desto strenger ist das frühere Fehlverhalten zu werten.

Besonders schädlich kann für ihn sein, wenn sein damaliger Schwindel zwar einmalig war, sich aber in wiederholten Unehrlichkeiten oder Unregelmäßigkeiten während seiner Anstellung eine Neigung zu vertrauensunwürdigem Verhalten verwirklicht hat. Das wissenschaftliche Plagiat kann dann in Zusammenschau mit späteren – wenn auch nur kleineren Vorfällen – sehr wohl die Entlassung rechtfertigen.

Falls die Entlassung ausscheidet, steht freilich die Kündigung zur Verfügung, die das Dienstverhältnis allerdings erst nach Ablauf von Kündigungsfrist und -termin beendet. Im Fall einer gerichtlichen Anfechtung kann der Titelschwindel als personenbezogener Kündigungsgrund dienen.

Titel weg – Geld retour?

Unabhängig von der Entlassung sind Schadenersatzansprüche des Arbeitgebers vorstellbar. Voraussetzung ist, dass ihn die Täuschung über das Vorliegen der akademischen Qualifikation geschädigt hat. Ein solcher Schaden wird häufig fehlen, wenn nämlich – Titel hin oder her – gute Arbeit geleistet wurde. Allerdings kann der akademische Grad, der zu Unrecht erlangt wurde, finanzielle Auswirkungen gehabt haben. Die bisherige Bezahlung kann wegen der abgeschlossenen akademischen Ausbildung höher gewesen sein; die Ausbildungszeiten können für Betriebspensionen anerkannt worden sein; die sechste Urlaubswoche kann wegen der Anrechnung der Studienzeit zu früh gewährt worden sein. Hier wird eine Rückabwicklung des Vertrages – ein im Arbeitsrecht allerdings äußerst seltener und in der Lehre umstrittener Vorgang – nötig sein, um das Entgelt auf das angemessene Niveau zu reduzieren. Der Einwand des gutgläubigen Verbrauchs wird dem täuschenden Arbeitnehmer hier nicht helfen. (Kristina Silberbauer, 1.2.2021)