Franz West (1947-2012) in seiner Wohnung im Jahre 2006.

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Dass später sein Geisteszustand angezweifelt und seine Kinder Teile ihres Erbes verwirken würden, konnte Franz West nicht ahnen, als er am 20. Juli 2012 am Krankenbett eine Unterschrift unter jenes Dokument setzte, das die Franz-West-Privatstiftung begründete. Denn die Erhaltung, die wissenschaftliche Betreuung und Verbreitung seines künstlerischen Lebenswerkes wollte er explizit Professionisten überlassen – nicht jedoch seiner Familie, die er aber als Begünstigte einsetzte.

Weiters überschrieb er seine Eigentumswohnungen an seine Frau und die Kinder. Fünf Tage später verstarb er 65-jährig und begann ein Rechtsstreit um sein Erbe, der zu zahlreichen Prozessen durch alle Instanzen führte.

Letzter Wille

Nach mehr als acht Jahren beendete der Oberste Gerichtshof (OGH) jetzt den Disput mit einem Beschluss, der über einen Umweg Franz Wests letzten Willen besiegelt, wie Alfred Autischer als Sprecher der Stiftung eine Meldung in der Presse bestätigt. Das Urteil fiel bereits am 18. Dezember 2020 und wurde den Parteien am Mittwoch zugestellt.

Wests langjähriger Vertrauter, Verfasser des Testaments sowie der Stiftungsurkunde und ehemaliger Stiftungsvorstand Ernst Ploil zeigt sich über diese Entscheidung erfreut: Spät, aber doch verhelfe sie dem Willen Wests zum Durchbruch. Nachsatz: Er habe aber auch Sorge, "dass der Streit damit nicht endgültig beigelegt" sei.

Große Vermögenswerte

Zumal es um nennenswerte Vermögenswerte geht: Um 270 Kunstwerke mit einem kolportierten Wert von gut 50 Millionen Euro, um Verwertungs- und Werknutzungsrechte, auch um Tantiemen aus der Produktion posthumer Möbelobjekte oder über Folgerechtsgebühren, die bis 2082 bei jedem verkauften West-Werk anfallen.

Drei Monate nach dem Tod des Künstlers zog seine Witwe Tamuna Sirbiladze vor Gericht. Im Privatleben hatten sich die beiden arrangiert, von eitler Wonne war es zuletzt nicht geprägt. 2011 hatte Franz West die Scheidung eingereicht, zu der es jedoch nie kam.

Aus der Ehe mit der um 24 Jahre jüngeren georgisch-österreichischen Künstlerin waren 2008 ein Sohn und 2009 eine Tochter hervorgegangen, die West als seine Kinder anerkannte.

Kampf der Kinder

Tatsächlich stammen die Kinder aus Tamunas Verhältnis mit einem Freund von Franz West: Benedikt Ledebur, ein aus München gebürtiger Schriftsteller, der seine Kinder nach Wests Tod adoptierte. Im März 2016 erlag Sirbiladze 44-jährig einer Krebserkrankung, und Ledebur führte als gesetzlicher Vertreter der Kinder den Kampf gegen die letztwilligen Verfügungen seines einstigen Freundes fort.

Inwieweit die Erben rechtlich kompetent beraten waren, könnte den vom Pflegschaftsgericht bestellten Kurator im Hinblick auf Schadenersatzforderungen noch beschäftigen. Ende 2017 war Ledebur als "Wahlvater" in einem Verfahren "die Obsorge" der Kinder "jeweils im Umfang der Vermögensverwaltung und Vertretung" entzogen worden, "insbesondere der Wahrung ihrer Interessen als Erben und sonst Berechtigte und Begünstigte nach dem verstorbenen Vater", also West, und auch "nach der verstorbenen Mutter".

Nicht respektiert

Die nun durch den OGH bestätigte Brisanz: Durch die gesetzliche Anfechtung der "Übertragung der Kunstwerke in die Franz-West-Privatstiftung" haben die Witwe und die Kinder den Willen des Erblassers nicht respektiert, sondern dagegen verstoßen und ihr Erbrecht verloren.

Eine entsprechende Klausel findet sich sowohl im Testament als auch in der Stiftungsurkunde. Ein Schlüsselfaktor, wie sich jetzt herausstellt.

Darauf stützte sich auch Franz Wests Schwester Anne Gutjahr, die im Oktober 2017 im Verlassenschaftsverfahren deshalb eine "bedingte Erbantrittserklärung" abgab: und zwar dem ausdrücklichen Willen ihres Bruders folgend, also zugunsten der Übertragung der Kunstwerke an die Stiftung.

Zweistelliger Millionenbetrag

Sie war – als nunmehr vom OGH bestätigte Erbin des gesamten Nachlassvermögens – der "Umweg", dank dessen der künstlerische Nachlass nun endgültig an die Privatstiftung geht. Den Kindern dürfte nur ein gesetzlicher Pflichtteil bleiben, der in einer Größenordnung eines zweistelligen Millionenbetrages liegen soll. Auch keine unerhebliche Summe. (Olga Kronsteiner, 29.1.2021)