Es gibt sie noch – die freie Szene, aber sie hat Sorgen.

Natali Glisic

Seit zehn Tagen können Anträge für den Veranstaltungsschutzschirm beantragt werden, der auch im Kulturbereich künftig Planungssicherheit schaffen soll, auch wenn Veranstaltungen aufgrund neuer Corona-Maßnahmen wieder abgesagt werden müssen. Kritik an den Zugangsbedingungen kommt allerdings vom Österreichischen Kulturrat, der Hürden entdeckt haben will, die "große Teile im Feld Kunst und Kultur ausschließen". Aus dem Kulturministerium kommt ein Dementi.

"Damit der Schirm schützt, müssen Einnahmen von mindestens 15.000 Euro bei einer Veranstaltung erzielt werden – dies erreicht in der freien Szene kaum jemand, abgesehen von großen Festivals", heißt es in einer Aussendung des Kulturrats.

Professionelle Planung

Als Alternative dazu soll der Schirm auch Veranstaltungen mit Ausgaben von mindestens 15.000 Euro schützen, "jedoch nur, wenn die Veranstaltung von einem 'Unternehmen organisiert wird, zu dessen gewerbsmäßiger Tätigkeit die professionelle Planung und Durchführung von Veranstaltungen zählt'", kritisiert der Kulturrat. "

Damit ist die freie Szene, die gemeinnützig und eben nicht gewerbsmäßig organisiert ist, abermals vom Veranstaltungsschutzschirm ausgeschlossen." Ein Sprecher von Kunst- und Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer (Grüne) widerspricht dieser Darstellung gegenüber der APA.

"Wir haben uns als Kulturressort in der Erarbeitung der Richtlinie intensiv für die Interessen der gemeinnützigen Kulturanbieter eingesetzt. Der Schutzschirm schließt definitiv keine Organisationsform aus", hält er fest. Um die Möglichkeit zur Antragstellung auch für kleinere Anbieter zu erleichtern, sei deshalb gezielt eine Möglichkeit geschaffen worden, mehrere gleichartige bzw. ähnliche Veranstaltungen in einem Antrag zusammenzufassen und so – zusammengerechnet – auf die entsprechende Grenze von 15.000 Euro an geplanten Einnahmen zu kommen.

Eine ganze Saison

"Das geht sogar so weit, dass theoretisch eine ganze Saison von Vorstellungen in einem Theater eingereicht werden kann." Über diese Möglichkeit wisse auch der Kulturrat Bescheid. Warum sie in der entsprechenden Aussendung keine Erwähnung findet, sei "unerklärlich". Die vom Kulturrat kritisierte alternative Möglichkeit einer Berechnung über die Ausgaben sei ausschließlich für Veranstaltungen zugänglich, die überhaupt keine Einnahmen haben, wie etwa Werbe-Events.

Für den Kulturbereich habe dieser Passus keine Relevanz. Für alle gemeinnützigen Kulturinitiativen, die trotz der Option der Zusammenfassung mehrerer Veranstaltungen nicht auf die entsprechenden Einnahmen kommen, werde ein ähnlicher Mechanismus im NPO-Fonds nachgebildet.

Erhebliche Ungleichbehandlung

Doch auch daran stört sich der Kulturrat: "Diese Differenzierung stellt nicht nur eine erhebliche Ungleichbehandlung zwischen gemeinnützig und gewinnorientiert Arbeitenden dar, sie suggeriert auch, dass alles, was auf gemeinnütziger Basis stattfindet, nicht professionell sei. Ein Trugschluss, der die Tatsache verkennt, dass die gemeinnützige Organisationsform im freien Kunst- und Kulturbereich typisch ist."

Aus dem Ministerium heißt es dazu: "Wir wissen natürlich, wie professionell gemeinnützige Organisationen im Kulturbereich arbeiten. Niemand suggeriert, dass das nicht der Fall wäre."

Kritik übte der Kulturrat auch daran, dass Veranstalter bis zum heutigen Tag auf Unterstützung für Verluste ab 1. Oktober 2020 durch den NPO-Fonds warten würden. Auf APA-Nachfrage betont man im Ministerium, dass die Antragstellung für das vierte Quartal 2020 im NPO-Fonds ab Februar möglich sein werde. (APA,29.1.2021)