Die Basisförderung der neuen Digitalförderung ist nach bisherigen Entwürfen für Printmedien reserviert.

Foto: Matthias Cremer

Am Freitag ging eine neue Medienförderung in Begutachtung. 34 Millionen Euro für "digitale Transformation" klassischer Medien gibt es heuer, danach 15 Millionen. Journalistenvertreter, Opposition und Wissenschaft sehen noch einiges zu verbessern.

"Es ist keine Digitalmedienförderung, sondern eine Digitaltransformationsförderung": Grünen-Mediensprecherin Eva Blimlinger stimmte schon im Dezember im STANDARD-Fragebogen auf die neue Förderung ein. Am Freitag ging eine Digitalförderung in Begutachtung, die Digitalaktivitäten von Zeitungen und Sendern fördert, aber keine alleinigen Digitalmedien.

Das ist ein zentraler Kritikpunkt in ersten Befunden zum Entwurf auf Anfrage des STANDARD, der bereits am Mittwoch über die Förderdetails berichtete. Die Mediensprecher von Neos und SPÖ vermissen Förderung für digitale Medien wie Medienökonom Matthias Karmasin und der Presseclub Concordia.

Gefördert werden laut Entwurf Tages-, Wochen- und Monatszeitungen, Volksgruppenmedien sowie kommerzielle und nichtkommerzielle Privatsender. 15 Millionen Euro gibt es pro Jahr, 2021 34 Millionen.

Der Geschäftsführer der RTR GmbH, Oliver Stribl, vergibt auch diese Förderung. Die Geschäftsstelle der Medienbehörde vergibt etwa auch 20 Millionen Euro Privatrundfunkförderung. Ein Beirat mit Medien- und juristischer Expertise kann auch bei der Digitalförderung nicht bindende Empfehlungen abgeben.

Die Richtlinien für die Vergabe gibt sich (wie beim Privatrundfunk) die RTR. Sie sind nicht Teil des Begutachtungsverfahrens; dem STANDARD liegen Infos über Entwürfe vor.

Zwei Drittel der Förderung sollen an Digitalisierungsprojekte von Technik über Arbeitsabläufe bis Vermarktung gehen, die den Großteil der Projektförderung ausmachen. Zudem an Digital- und Datenjournalismus, Ausbildung, Barrierefreiheit und Jugendschutz. Pro Medienhaus gibt es bis zu 1,75 Millionen Euro (in regulären Jahren).

Printauflage, Digitalumsatz

Ein Drittel der Förderung soll als "Basisförderung" allein an Printmedien gehen. Die halbe Basisförderung wird nach Digitalumsätzen mit journalistischen Inhalten – von Userinnen und Usern, nicht aus Werbung – berechnet. Die Förderung solle günstigere Digitalabos ermöglichen, heißt es im Kanzleramt.

40 Prozent der Basisförderung bemessen sich nach Printauflage und -reichweite, Presseförderung wird hier (umgerechnet auf das Zeitungsexemplar) abgezogen. Dieser Teil der Förderung klingt ein wenig nach einem Ausgleich für Gratiszeitungen, die keine Presseförderung erhalten.

In früheren Richtlinienentwürfen der RTR sollten auch die Mehrwertsteuererleichterungen für Kaufzeitungen aus dem zweiten Halbjahr 2020 mit der Förderung gegengerechnet werden. Dieser Abzugsfaktor wurde nach Infos aus Regierungskreisen gestrichen.

Zehn Prozent der Basisförderung werden nach der Zahl der Journalistinnen und Journalisten berechnet.

Erstmals Qualitätskriterien

Erstmals in der Geschichte bekomme eine Medienförderung des Bundes "echte Qualitätskriterien", verweist Grünen-Verhandlerin Eva Blimlinger auf die journalistischen Arbeitsplätze: Sie hofft auf "einen echten Paradigmenwechsel" und Folgewirkungen auf andere Medienförderungen. Gedruckte Auflagen seien "nicht unsere Vorstellung einer qualitätsorientierten Förderlogik".

Blimlinger hebt den Fachbeirat hervor, Förderung für Volksgruppenmedien, Barrierefreiheit. Die Grünen brachten Ausschlusskriterien ins Gesetz "für Medien, die systematisch Demokratie und Rechtsstaat aushöhlen". All das sei als "klares Bekenntnis zu hohen journalistischen und ethischen Standards im Medienbetrieb zu lesen".

"Zu niedrig angesetzt"

SPÖ-Mediensprecher Thomas Drozda begrüßt die Ausschlusskriterien und die Zahl von Journalisten als Parameter – er wollte daran als Medienminister die Presseförderung großteils bemessen. 15 Millionen pro Jahr seien aber "zu niedrig angesetzt".

"Mutlos, wenig innovativ"

Henrike Brandstötter, die Neos-Mediensprecherin, vermisst einen "Fokus auf Ausbildung, Qualität und Diversität in den Redaktionen". Der Entwurf sei "mutlos, wenig innovativ und geht stark an der Idee einer Digitalmedienförderung vorbei". Denn: "Viel wichtiger" wäre die Förderung schon digitaler Medien: "Es ist völlig absurd, dass das Gesetz keine Förderung für Digitalmedien vorsieht."

Bekenntnis zu Qualitätssicherung vermisst

Dem Presseclub Concordia fehlt "ein klares Bekenntnis zu Qualitätssicherung und ethischer Selbstverpflichtung", etwa dem Presserat. Zudem vermisst er Förderung für digitale Medien und "Verzahnung mit der Forschung".

Es sei "unabdingbar", vor allem digitalen Journalismus und Medieninnovation zu unterstützen, begrüßt die Concordia die Förderung. Viel hänge von den Förderrichtlinien ab – der Club regt an, "Frauenförderung, Wissenschaftsjournalismus und internationale Berichterstattung einzuplanen". In Entwürfen waren die Punkte nicht zu erkennen.

"Hinreichendes Gewicht" für journalistische Arbeitsplätze

Kommunikationswissenschafter Matthias Karmasin (Akademie der Wissenschaften) sieht "einen Schritt in die richtige Richtung – aber nur einen". Er wünscht sich etwa "hinreichendes Gewicht" journalistischer Arbeitsplätze in den Kriterien.

Karmasin hofft auf Förderung für "digitale Innovation" und journalistisches Gründertum, also auch für digitale Medien nach der Begutachtung – "wenn sie zur Infrastruktur der Demokratie und zur Schaffung von journalistischen Arbeitsplätzen beitragen".

Wettbewerb mit US-Plattformen

Die Digitalförderung solle den Medienstandort im Wettbewerb mit US-Onlinekonzernen stärken, erklärt Kanzler-Medienbeauftragter Gerald Fleischmann (ÖVP).

Das Gesetz soll laut Begleitmaterialen zur Begutachtung den "dringend notwendigen digitalen Transformationsprozess der Medienbranche" unterstützen.

(Harald Fidler, 30.1.2021)