Die Polizei macht den linksradikalen "Schwarzen Block" für die Eskalation des Protestmarsches in Innsbruck verantwortlich.

Foto: APA / Zeitungsfoto.at / Liebl Daniel

Innsbruck – Eine Demonstration für Flüchtlinge und gegen Abschiebungen in Innsbruck ist am Samstagnachmittag aus dem Ruder gelaufen. Nach Angaben der Polizei kam es zu Attacken gegen Polizeibeamte, die in weiterer Folge mehrfach Pfefferspray einsetzten. Die Folge waren 19 Festnahmen und mehr als hundert Anzeigen. Die Veranstalter der Demo kritisierten das Verhalten der Polizei als "zutiefst unverhältnismäßig". Weitere drei am Samstag in Tirol abgehaltene Versammlungen verliefen hingegen friedlich und ohne Zwischenfälle.

Zu Ausschreitungen kam es bei der Kundgebung "Grenzen Töten", bei der 600 Teilnehmer demonstrierten. 60 der Teilnehmer seien dem linksradikalen "Schwarzer Block" zuzuordnen gewesen, hieß es seitens der Behörden. Da diese Personen auch nach mehrmaliger Aufforderung den Mindestabstand nicht eingehalten hätten, habe man den Demonstrationszug gestoppt. Beim Versuch, den "Schwarzen Block" zu separieren, um den anderen Teilnehmern die Fortsetzung der Demo zu ermöglichen, gab es erste Tumulte, die in Attacken gegen die Polizei mündeten. Am Ende wurden 45 Personen des "Schwarzen Blocks" angehalten. 15 davon wurden festgenommen, weil sie sich weigerten, sich auszuweisen, wie die Exekutive mitteilte. Teils hätten die anderen Demo-Teilnehmer auch die Covid-Schutzmaßnahmen nicht mehr eingehalten, weshalb man die Versammlung behördlich aufgelöst habe.

Veranstalter sieht Angriff durch Polizei

Anders stellt es der Demo-Veranstalter Nick Grüner von der Sozialistischen Jugend Tirol dar: Menschen seien über den Boden geschleift worden. "Diese Aktion heute war ein Angriff gegen friedlich-demonstrierende linke Aktivisten, die sich an alle Corona-Maßnahmen hielten. Das Eingreifen der Polizei war zutiefst unverhältnismäßig", so die Sozialistische Jugend Tirol.

Protest in Innsbruck gegen die Abschiebungen nach Georgien und Armenien.
Foto: : APA / Zeitungsfoto.at / Liebl Daniel

In ihrer Aussendung heißt es, dass sich der Demozug ruhig verhalten habe und alle Demonstranten Masken trugen und die Abstände "so gut es ging" einhielten. Trotzdem hätten sich behelmte Polizisten mit gezogenem Schlagstock formiert und die Demonstranten in der Tempelstraße, Ecke Michael Gaismair-Straße, erwartet. Ein Polizist soll gesagt haben: "Es hat schon einen Grund, warum wir euch hier erwartet haben". Wenig später soll die Polizei Menschen über den Boden geschliffen haben, mit Pfefferspray besprüht und nach Demonstranten getreten. Einem ausgewiesenen Sanitäter soll der Zugang zu verletzten, hilfsbedürftigen Personen verwehrt worden sein, mit der Aussage, die Verletzten würden das schon "packen", so Grüner.

Grüne und SPÖ stellen Anfrage

Die Innsbrucker Grünen forderten eine Untersuchung des Vorfalls. "Der unverhältnismäßige Einsatz der Polizei bei der gestrigen Demonstration gegen Abschiebungen in Österreich lässt auch die Innsbrucker Grünen nicht kalt, die zum Teil selbst vor Ort waren und den Polizeieinsatz selbst hautnah erlebten", so Justizsprecher Dejan Lukovic. Es sei unverständlich, dass bei der anderen Demo, die Hygienemaßnahmen bewusst nicht eingehalten habe, nichts passiert sei.

Auch die Grüne Nationalratsabgeordnete Barbara Neßler kritisierte das Vorgehen der Polizei. "Während es bei unzähligen Corona-Leugner-Demos heißt, Polizei wolle nicht eskalieren und großteils nichts getan wurde, hat man in IBK [Innsbruck] bei einer linken Demo mit voller Härte (zB Pfefferspray) durchgegriffen", so Neßler auf Twitter. Sie kündigt eine parlamentarische Anfrage im Nationalrat an.

Diesem Vorgehen schloss sich die SPÖ-Justizsprecherin Selma Yildirim an. Auch sie wird zu den Vorfällen in Innsbruck, aber auch zu Vorgangsweisen im Zusammenhang mit anderen Kundgebungen eine parlamentarische Anfrage an den Innenminister richten: "Teilnehmer und Beobachter der Demonstration berichten von einem unverhältnismäßigen Eingreifen der Polizei. Diese Vorwürfe gehören aufgeklärt", sagte Yildirim in einer Aussendung.

45 Anzeigen der Polizei wurden wegen versuchten Widerstands gegen die Polizei ausgesprochen, 50 wegen der Nichteinhaltung des Mindestabstands, sieben wegen fehlenden Mund-Nasenschutzes sowie 15 wegen Verwaltungsübertretungen. Eine Person wurde wegen schwerer Körperverletzung angezeigt, nachdem ein Exekutivbeamter verletzt worden war.

Anzeigen auch in Osttirol

Innsbrucks Vize-Bürgermeister, Johannes Anzengruber (ÖVP), verurteilte in einer Aussendung das Auftreten des sogenannten Schwarzen Blocks. Es sei unverantwortlich, dass man "linke Chaoten und Berufsdemonstranten aus dem Ausland nach Innsbruck einlädt", um zu eskalieren. Tatsächlich waren die Mehrzahl der identifizierten Mitglieder des "Schwarzen Blocks" österreichische Staatsangehörige. Bis zum späten Sonntagvormittag waren 35 der 45 Personen identifiziert.

Die Tiroler FPÖ bedankte sich bei der Polizei "für das sorgfältige und kontrollierte Einschreiten" und kündigte eine parlamentarische Anfrage an Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) an, warum die Demo nicht im Vorfeld untersagt wurde.

Die anderen drei in Tirol abgehaltenen Versammlungen richteten sich gegen die Covid-Politik der Bundesregierung. An der Kundgebung "Für eine bessere Welt" in Innsbruck nahmen 200 Personen teil, vier davon wurden wegen fehlenden Mund-Nasenschutzes angezeigt. In Lienz, wo die Corona-Maßnahmen von 120 Personen bei einer Standkundgebung "hinterfragt" wurden, gab es aus gleichem Grund drei Anzeigen. In St. Johann – diese Demo war nicht angemeldet – fanden sich 50 Teilnehmer ein. (APA, red, 31.1.2021)