EU-Abgeordnete wollen dem Tracking im Internet ein Ende bereiten.

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"Microtargeting" nennt sich das, was im Netz längst Gang und Gäbe geworden ist. Eine unüberschaubare Fülle an Trackern verfolgt heutzutage so gut wie jede Aktivität der Nutzer im Internet. Daraus werden dann Profile erstellt, die vor allem ein Ziel haben: Individuell angepasste Werbung zu liefern. Ein System, das allerdings zuletzt immer stärker in die Kritik geraten ist, und nun auch in der EU neue Opposition bekommt.

Zusammenschluss

Unter dem Namen "Tracking-Free Ads Coalition" haben EU-Abgeordnete verschiedener Fraktionen zusammengeschlossen. Ihr Ziel: "Spionierende Werbung" mittels Profiling und Microtargeting generell zu verbieten. Am Dienstag soll es ein erste Zusammenkunft geben, berichtet heise.de. Unter den Initiatoren finden sich Abgeordnete von Grünen, Sozialdemokraten und Liberalen.

In einem Hintergrundpapier spricht etwa die Grüne Alexandra Geese von einer "gesamtgesellschaftlichen Herausforderung". Über eine Vielzahl von Faktoren wie Cookies, Browserinformationen oder Details zur genutzten Hardware würden User mittlerweile komplett durchleuchtet. Dieses System müsse zerschlagen werden, stelle es doch auch die Basis für Desinformation, Hass und Hetze dar. Mit ausgefeilten, einzeln zugeschnittenen Tricks würden die Nutzer manipuliert, um sie vor dem Bildschirm zu halten, die Konsequenz sind immer extremere Inhalte, die die Gesellschaft spalten.

Nicht angepasst

Dass Werbung eine wichtige Grundlage von Webdiensten darstellt, ist den Initiatoren dabei durchaus bewusst. Als Alternative zum umfassenden Tracking schlägt man schlicht eine Rückkehr zu rein kontextbasierter Werbung an, die also nicht einzeln angepasst ist. Dabei beruft man sich auf das Beispiel des niederländischen öffentlich-rechtlichen Senders NPO, der die Cookie-Nutzung komplett abgeschafft habe, und dessen Einnahmen danach sogar gestiegen seien.

Als Hebel für die Umsetzung dieser Ziele will man den Digital Services Act nutzen. Im aktuellen Entwurf sehe dieser nur eine verstärkte Transparenz vor, dies gehe aber nicht weit genug. Immerhin sei eine Opt-Out-Option keine echte Wahl, wenn dann viele Inhalte gar nicht mehr zur Verfügung stehen.

Alternativer Blickwinkel

Abzuwarten gilt, wie groß die Erfolgsaussichten dieser Initiative sind. Denn gerade aus konservativen Kreisen sind ganz andere Perspektiven zu hören. Dort verbindet man diese Debatte oft exklusiv mit der Kritik an großen IT-Konzernen aus den USA, während man mit dem Tracken durch lokale – oder kleinere – Firmen kein Problem hat. So forderte etwa Axel-Springer-Chef Mathias Döpfner vor kurzem, dass es großen Plattformen in der EU verboten sein sollte, persönliche Daten zu speichern und für kommerzielle Zwecke zu verwenden. Davon würden natürlich die Unternehmen der Springer-Gruppe profitieren, ein solcher Ansatz wäre also eher eine Marktverschiebung als ein substantieller Gewinn für die Nutzer, die dann einfach verstärkt von jemandem anderen ausspioniert werden. (apo, 31.01.2021)