Banner wurden schon am Vormittag ausgebreitet.

Foto: der standard/jop

Tausende marschieren am Sonntag trotz des Verbots am Ring.

Foto: jop

Tausende Demonstranten, die die Corona-Maßnahmen ablehnen oder das Virus vollend leugnen, marschierten am Sonntag bereits kurz nach 13.00 über den Ring – obwohl diese Kundgebungen unter anderem aufgrund von Gesundheitsgefährdung untersagt worden waren.

FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl hatte am Samstag auf Social Media zur "Besonnenheit" aufgerufen und verlegte seine geplante "verbotenen Kundgebung" ins Internet. Klubobmann Herbert Kickl inszenierte sich dabei gemeinsam mit den Veranstaltern der bereits zuvor untersagten Demonstration als Opfer eines "Frontalangriffs" auf die Grund- und Freiheitsrechte. Die Regierung versuche, ihre Kritiker mundtot zu machen, die Untersagungen der Demonstrationen sei eine "völlig neue Art der Zensur", beklagte sich Kickl.

Die Freiheit, die sie meinen

"Für die Freiheit" lautete der Titel des Livestreams aus den Klubräumlichkeiten der FPÖ. Kickl empfing dabei jene Organisatoren der Demonstrationen, welche die Polizei am Freitag aus Sicherheitsgründen untersagt hatte. Ohne Mund- und Nasenschutz, allerdings mit ein wenig Sicherheitsabstand, sprachen dabei etwa jene Frau, die als "Wutwirtin" in die Schlagzeilen geraten war, sowie Edith Brötzner, die sich mit ihrer Linzer Werbeagentur als Sprachrohr für Unternehmer und Unternehmerinnen sieht.

"Wer schweigt stimmt zu", sparte Kickl nicht mit geschichtsträchtigen Zitaten. Zustimmung sei aber das allerletzte, angesichts der anhaltenden Regierungsmaßnahmen gegen die Coronapandemie. Es geschehe derzeit eine völlig neue Art der Zensur samt "Gleichschaltung der Medien", wo Gegner der Coronaregeln würden verächtlich gemacht, ebenso Wissenschafter, die eine "andere Meinung" vertreten würden. Der FPÖ-Klubchef zeigte sich zuversichtlich, dass dies wie ein Bumerang auf die Regierung zurückfallen werde. Es entstehe derzeit eine "Jetzt-erst-recht-Bewegung".

Hoffnung auf Aufwind

Durch ihre Haltung erhofft sich die FPÖ freilich auch politischen Aufwind. "Es gibt auch im Parlament eine Stimme, die auf Ihrer Seite ist", warb er. Eine "politische Vereinnahmung" sieht er darin nicht, es handle es sich um eine "übergeordnete Sache", bei der man gemeinsam an einem Strang ziehe. In einer Aussendung vor der Online-Veranstaltung lud der freiheitliche Klubobmann außerdem SPÖ und NEOS dazu ein, gemeinsam mit der FPÖ eine Sondersitzung des Nationalrats zu beantragen.

Beten

Unterdessen sammelten sich aber dennoch schon ab dem späteren Sonntagvormittag mehrere kleine Gruppen in der Innenstadt. Unter anderem eine Kundgebung beim Theseustempel im Volksgarten, die sich nach dem Motto "Österreich braucht Jesus" zusammenfand, um zu beten. Ein Redner meinte, Jesus wolle, dass demonstriert werde, um ihn auf Erden zu repräsentieren. In welcher Form Jesus mit dem Mann zuvor Kontakt aufgenommen hatte, ist nicht bekannt.

"Etikettenschwindel"

Weiters wurde erzählt, ein an Corona erkrankter Mann durch beten geheilt werden können. Die Erzdiözese Wien hatte zuvor vor einer als "christliche Prozession" getarnten Corona-Demonstration gewarnt und dieses Vorhaben als einen Missbrauch der Religionsfreiheit verurteilt.

Die Kirche reagierte damit auf Aufrufe im Internet, wie der Sprecher der Erzdiözese Wien, Michael Prüller, am Sonntag im Interview mit Kathpress erklärte. Katholiken sollten bei diesem Etikettenschwindel nicht mitmachen.

"Bist du Priester?"

Der Aufruf zur pseudoreligiösen Veranstaltung erfolgte am Samstag über Soziale Medien und im Umfeld von behördlich nicht genehmigten Corona-Demonstrationen. So fragte etwa der ehemalige Kärntner Landtagsabgeordnete und federführender "Querdenker" Martin Rutter auf Facebook: "Bist du Priester (Pfarrer etc.) oder kennst Priester anerkannter Glaubensgemeinschaften (egal welcher) in Österreich?". Wenig später postete er die Ankündigung für eine "Christliche Prozession", die um 13 Uhr am Maria-Theresien-Platz beginnen soll.

"Alle Gläubigen sind herzlich eingeladen, auch Symbole des Glaubens mitzuführen. Gott mit uns!", hieß es auf Facebook.

Küssel traf sich vor der Oper mit seiner "Querfront".
Foto: derstandard/jop

Küssel bei der Oper

Bei der Oper versammelte sich indes der bekannte mehrmals Verurteilte Neonazi Gottfried Küssel mit Gefolgsleuten der "Querfront" – nicht zu verwechseln mit den "Querdenkern" und "Fairdenkern".

Die Polizei klärte auf, das eine Demo auch durch "religiöse Staffage" nicht zur Prozession wird.

Laut ersten Berichten soll er von Beamten angehalten worden sein. Die Wiener Polizei kündigte auf Twitter an, ankommende Personengruppen auf die Einhaltung der Covid-Maßnahmen hinzuweisen und bei Missachtung Personen anzuzeigen. Auch am Heldenplatz sammelten sich Menschen. Geplant wurde unter anderem eine "Wallfahrt" über den Ring. Gegen 13.00 hatten sich am Maria-Theresien-Platz um die 600 Menschen versammelt.

Kanzler

Nach der Untersagung der meisten angekündigten Demos durch die Polizei am Freitag, wurde auch wieder in einigen Chatgruppen dazu aufgerufen, Bundeskanzler Sebastian Kurz zuhause aufzusuchen. Die Privatadresse des Kanzlers wurde dafür im Netz verbreitet. Ein Sprecher des Kanzlers sagte dem STANDARD auf Nachfrage, man sei darüber informiert.(cms, lalo, jop, APA, 31.1.2021)