So handlich gab es ein aktuelles Top-Smartphone schon lange nicht mehr. Das Kritikerlob war ebenfalls groß. Das Käuferinteresse am iPhone 12 Mini hält sich aber in Grenzen.

Foto: Apple

Es ist eine Beschwerde, die in Tech-Kolumnen und Foren-Kommentaren zu den Dauerbrennern gehört: Wieso bauen bloß sämtliche Hersteller nur so große Smartphones? Schon ein normales iPhone oder Samsung Galaxy sei kaum mehr in einer Hand zu halten, in Hosentaschen passe es auch nur mehr in wenigen Fällen. Von Topmodellen wie dem Galaxy S21 Ultra oder dem iPhone 12 Pro Max mit ihren riesigen Abmessungen gar nicht zu sprechen. Wenn doch bloß endlich ein Hersteller endlich das kollektive Flehen geplagter Smartphone-Nutzer erhöhen würde, ein Erfolg wäre sicher, so die Überzeugung.

So verständlich dieser Wunsch auch sein mag, er hat ein klitzekleines Problem: Die Behauptung, dass sich dafür ach so viele Menschen interessieren würden, korreliert einfach nicht mit der Realität. Jedes Mal, wenn ein Hersteller es tatsächlich mit so einem Gerät probiert, bleiben die Absätze deutlich unter den Erwartungen.

Interessen in engen Grenzen

Das aktuellste Beispiel liefert Apple: Trotz all des Kritikerlobs bleibt die Nachfrage nach dem iPhone 12 Mini deutlich unter den Erwartungen. So wurde vor wenigen Tagen bekannt, dass Apple die Produktion des kleinsten iPhone-Modells zurückgefahren hat. Stattdessen soll sich Fertigungspartner Pegatron lieber auf die Pro-Modelle konzentrieren, die stärker als erwartet verkauft werden. Ein Spiel, das sich vor allem seit Jahren mit schöner Regelmäßigkeit wiederholt. Jedes Mal, wenn Apple ein kleines Gerät vorstellt, greift die breite Masse lieber zu einer größeren Alternative.

Noch verblüffender ist die Situation in der Android-Welt. Immerhin sollte man meinen, dass dort angesichts des großen Wettbewerbs die Hersteller jeder einträglichen Nische hinterherjagen. Und von den Absatzzahlen eines iPhone 12 Mini darf dort so mancher Anbieter im besten Fall nur träumen. Doch selbst hier scheint die Rechnung nicht aufzugehen. Zwar war gerade zu hören, dass Sony angesichts des iPhone 12 Mini seine "Compact"-Reihe wieder aufleben lassen will. Dass diese drei Jahre lang brach gelegen ist, spricht aber Bände. Insofern dürfte das Comeback eher von der fernen Hoffnung, von Apple-Trends profitieren zu können, getragen sein als von einer echten Neuausrichtung.

Es hat Gründe

All das wirft natürlich die Frage auf: Warum ist das so? Immerhin ist unbestritten, dass aktuelle Smartphones tatsächlich oftmals ziemlich unhandlich sind. Doch was dabei übersehen wird: es gibt andere Faktoren, die für die Wahl der Konsumenten wichtiger sind. Allen voran die Bildschirmgröße. Wer viele Videos betrachtet oder auch nur gerne auf Instagram unterwegs ist, der weiß schnell eine großes Display zu schätzen. Und das sind nunmal Nutzungsszenarien, die längst erheblich wichtiger geworden sind als das klassische Telefonieren. Insofern stellen sich hier auch ganz andere Prioritäten als noch in der Prä-Smartphone-Ära.

Das mit dem Display ist übrigens eine Erkenntnis, die die Smartphone-Welt Samsung zu verdanken hat – und die selbst dort zunächst für Überraschung sorgte. Hatte das Unternehmen seine ersten Note-Modelle doch mit dem Blick auf Business-User entwickelt. Nur um dann festzustellen, dass die Geräte mit den für damalige Relationen geradezu gigantischen Bildschirmen, erheblich populärer als erwartet wurden. Und zwar auch bei einer Zielgruppe, mit der man so gar nicht gerechnet hatte: Junge Frauen. Und damit war der Trend zu immer größer werdenden Bildschirmen losgetreten, der die kommenden Jahre bestimmen sollte.

Einfach nicht genug Platz

Ein zweiter Faktor: Es ist rein physisch kaum möglich, kleine Modelle zu bauen, die in jeglicher Hinsicht mit ihren größeren Pendants mithalten können. Der Prozessor ist dabei noch das geringste Problem- Der komplexe Kameraaufbau so manch aktueller Geräte mit ihren großen Sensoren wäre in einem Mini-Modell hingegen einfach nicht unterzubringen. Und natürlich geht sich in einem kleinen Gerät auch kein ähnlich großer Akku aus, was sich bei der maximalen Laufzeit bemerkbar macht.

Ausblick

Die Hoffnung darauf, dass kleine Smartphones eine Art Comeback erleben, scheint angesichts dieser Realität eher gewagt. Das unterste Ende von dem, was derzeit noch für eine breitere Masse von Interesse ist, scheint sich bei der Größe eines regulären iPhone 12 oder auch eines Pixel 5 eingependelt zu haben. Bei den aktuell nur mehr sehr geringen Rändern rund um das Display entspricht dies in etwa einem 6-Zoll-Bildschirm. Bleibt zumindest eine tröstliche Erkenntnis: Größer sind Smartphones in den vergangenen jahren auch nicht mehr geworden – also zumindest wenn man auf die realen Abmessungen schaut und nicht auf die oft irreführenden Bildschirmgrößen. Gegen ein Nexus 6 aus dem Jahr 2015 ist selbst das Galaxy S21 Ultra noch richtig handlich. (Andreas Proschofsky, 31.1.2021)