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"Nicht so gut", "fettig" – ein Restaurantbesitzer in Montreal über seine Gerichte.

Foto: AP/Wong Maye-E

Interessantes trägt sich in Kanada zu. Die New York Times berichtet von einem Herrn Feigang Fei, Restaurantbesitzer in Montreal, der den Gästen sein Speisenangebot in anderer Art und Weise präsentiert als in der branchenüblichen: nämlich selbstkritisch-ehrlich. Sein Tao Chicken, heißt es auf der Speisekarte, sei "nicht so gut", das Schweinefleisch "fettig", und ein anderes Hühnergericht "haben wir noch nicht hundertprozentig so hinbekommen, wie wir es wollten".

Angeblich wissen es die Restaurantgäste durchaus zu schätzen, wenn zur Abwechslung einmal nicht Prahlhans Küchenmeister ist , und auch in den Postings unter dem NYT-Artikel finden sich viel Lob und Zuspruch ("Best luck to Mr. Fei!").

Man kann die Sympathien für Herrn Fei gut verstehen. Wer fühlte sich nicht tagaus, tagein von Manifestationen penetranter Selbstanpreisung und schamlosen Eigenlobs belästigt, welche durch nichts gedeckt sind? Und das nicht nur in der Gastronomie, sondern auch und vor allem in der Politik: der beste Innenminister aller Zeiten, der größte Präsident der amerikanischen Geschichte usf., usf.

Offenbar ist das Gefühl dafür, dass Eigenlob stinkt, weithin verlorengegangen. Herrn Feis Lektion kommt zur rechten Zeit und sollte dazu ermuntern, den aufgeblähtesten Selbstvermarktern konsequenter als bisher die Luft abzulassen. Es wäre ein großer Dienst an der Hygiene in Wirtschaft und Politik. (Christoph Winder, 1.2.2021)