"Wir Kinder vom Bahnhof Zoo" startet am 19. Februar auf Amazon Prime.

Foto: Amazon Prime Video

Berlin/Wien – Generationen von Jugendlichen sind mit der Geschichte von Christiane F. aufgewachsen. Egal ob Buch oder Film – der Stoff des drogensüchtigen Teenagers im Berlin der späten 1970er Jahre hat polarisiert. Nun wartet Amazon Prime Video mit einer Neuverfilmung von "Wir Kinder vom Bahnhof Zoo" als Miniserie (ab 19. Februar) auf. Das Serienformat habe es ermöglicht, die Geschichte auf ein breiteres Fundament zu stellen, wie das Kreativteam vorab bei einem Pressegespräch verriet.

Im Mittelpunkt der acht Folgen steht die Innensicht jener Clique, mit der das junge Mädchen Christiane F. (gespielt von der österreichisch-australischen Schauspielerin Jana McKinnon) in Drogensucht und Prostitution abrutscht. Zwar steht Christiane weiterhin im Zentrum, das Autorenteam rund um Annette Hess hat aber auch den anderen Figuren eine Geschichte verpasst, die die jeweiligen (familiären) Hintergründe ausleuchtet. Das Thema an sich sei zeitlos, wie Co-Produzent Oliver Berben (Constantin Film) hervorstrich: "Es geht darum, wie junge Menschen versuchen, in einer rauen Welt ihren Platz zu finden."

Stark fiktionalisierte Geschichte

Bei der Vorbereitung wurden nicht nur die Protagonisten von damals, sondern auch die beiden Journalisten Horst Rieck und Kai Hermann, die die Geschichte damals für den "Stern" recherchiert haben, kontaktiert. Nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass einige Personen nichts mehr damit zu tun haben wollten, handle es sich schlussendlich aber um eine stark fiktionalisierte Geschichte, auch manche Namen wurden verändert. So gibt es in der Amazon-Serie etwa keinen Detlef mehr, Christianes Freund heißt Benno (Michelangelo Fortuzzi). Es sei nun "unsere eigene Interpretation dessen, was Christiane und ihre Freunde in dieser Zeit erlebt haben", so Regisseur Philipp Kadelbach.

Auch die zahllosen Original-Kassetten, auf denen Christiane F. den beiden Journalisten ihre Geschichte erzählt hat, wurden restauriert und dienten als Ideenpool. "Da sind unglaubliche Sachen zum Vorschein gekommen", so Berben. Die Tapes sind auch Teil jenes Audible-Projekts, das rund um das Erscheinen der Serie veröffentlicht werden soll: Am 18. Februar erscheint das Hörbuch "Das Berlin der Kinder vom Bahnhof Zoo". Durch die Audio-Dokumentation führt Burgschauspielerin Bibiana Beglau. Man habe ein ganzes Paket geschnürt, zu dem auch weitere dokumentarische Elemente gehören, verriet der Regisseur.

Gratwanderung

Wichtig war der Autorin Hess, in die Serie nicht mit falsch erhobenem Zeigefinger hineinzugehen. So wüssten die Jugendlichen von heute weit mehr als damals. Es sei daher eine Gratwanderung gewesen, nicht so dogmatisch wie ein Schulfilm zu sein und dennoch die Glaubwürdigkeit zu behalten. Einer Verherrlichung des Drogenkonsums will man mit dem Erzählbogen entgegenwirken, der den Absturz nachvollziehbar mache. Auch habe man sich dagegen entschieden, den Drogenrausch – anders als in anderen Filmen – visuell umzusetzen. Für Szenen, die etwa Entzugsversuche zeigen, habe man auch mit Drogenberatern gesprochen, um ein realistisches Bild zeigen zu können. Nahaufnahmen vom Spritzen der Droge seien erst im Nachhinein und nicht mit den Originalschauspielern gedreht worden.

Trailer zur Amazon-Serie "Wir Kinder vom Bahnhof Zoo".
Amazon Prime Video Deutschland

Dass die Ästhetik der Produktion zwar an den späten 1970er und frühen 1980ern angelehnt ist, sich aber vor allem auch auf der Soundtrack-Ebene nur schwer zeitlich verorten lässt, war eine bewusste Entscheidung, wie Kadelbach erklärt: "Wir wollten eine Distanz aufbauen, uns von einer bestimmten Epoche frei machen und eintauchen in eine Zeitlosigkeit." Und Hess ergänzt: "Ich wollte an die Substanz dieser Geschichte, an das immer Gültige." Um auch die Innensicht der Jugendlichen darzustellen, habe man auch visuell ein eigenes Konzept geschaffen: "Deshalb sieht Berlin nicht trist und das "Sound" oder der Zoo nicht authentisch aus, sondern das ist eine visuelle Überhöhung, um das Gefühl der Kids nach außen zu tragen." Klar sei gewesen, dass man "nicht im Mittelmaß rumeiern" wollte, sondern eine gewisse "Wahrhaftigkeit" finden.

Gedreht wurde überwiegend in Prag und Berlin, die Bahnhofshalle habe man in einer ehemaligen Großkantine nachgebaut. Insgesamt gibt es fast 300 Sprechrollen. An sich sei die Erzählung mit den acht Folgen abgeschlossen. Ob eine Fortsetzung – schließlich veröffentlichte auch Christiane F. erst vor wenigen Jahren ein zweites Buch – geplant ist, wollte man allerdings weder ausschließen und bekräftigen. Fest stehe, dass man es mit einer abgeschlossenen Handlung zu tun habe. "Der Gedanke war nicht zu fragen, wohin das führt, sondern diesen Übergang von der Jugend zum Erwachsensein zu beleuchten. Das ist mit acht Folgen abgeschlossen." (APA, 1.2.2021)