In Tirol wurde eine Lernunterlage für Volksschüler mit rassistischem Inhalt zum Download angeboten.

Foto: APA/Roland Schlager

Innsbruck – Auf der Website des Tiroler Bildungsservice (Tibs) wurde bis Montagnachmittag ein Dokument zum Download für Volksschullehrerinnen und -lehrer in Tirol angeboten, das klar rassistische Elemente enthielt. Unter dem Titel "Schwungübungen" waren in dem Powerpoint-Dokument verschiedene Vorübungen zum "Schreib – Zeichnen für die (neue) Schulschrift" (sic!) zu finden. Das Titelbild der Unterlage – ein gezeichneter brauner Lockenkopf – findet sich auf Seite 16 wieder, als Titel des Bildes steht dort unmissverständlich rassistisch das "N-Wort".

Kinder sollen anhand der Vorlage lernen, die Buchstaben "E", "e", "B" und "K" sowie die Ziffer "3" in Schreibschrift zu schreiben. Dazu sollen sie verschiedene "Form- und Bewegungselemente der Buchstaben" üben. Am Ende, so die Anleitung des Verfassers, sollen Augen und Mund eingefügt werden, um für die Kinder "die Spannung zu erhalten". Die Unterlage, die zudem Rechtschreibfehler aufweist, stammt von einem pensionierten Tiroler Volksschuldirektor. Sie wurde von einem Redakteur des Tibs veröffentlicht.

Das ist das kritisierte Bild, das sowohl auf dem Cover als auch auf Seite 16, dort in Kombination mit dem "N-Wort", abgebildet ist.
Foto: Faksmilie aus Unterlage des Tiroler Bildungsservice

Lehrer wandten sich an Neos

Die Redaktion des Tibs hat die Unterlage laut Erscheinungsdatum am vergangenen Mittwoch in ihre Datenbank von Online-Lernmaterialien übernommen und dort für Lehrpersonen zum kostenlosen Download angeboten. Tiroler Lehrer wurden darauf aufmerksam und verständigten den Jugend- und Integrationssprecher der Neos im Parlament, Yannick Shetty, der die Unterlage an den STANDARD zur Berichterstattung weitergab. Nachdem das Tibs auf den zweifelhaften Inhalt angesprochen wurde, entfernte man das Dokument sofort von der Homepage.

Shetty übte dennoch harsche Kritik an der Schulbehörde: "Es ist unfassbar und erschreckend, was die Tiroler Bildungsdirektion als Lernunterlage auf ihrer offiziellen Plattform zur Verfügung stellt. Es kann nicht sein, dass in einer Zeit, in der globale Protestbewegungen wie Black Lives Matter jeden Millimeter Fortschritt in Richtung Gleichberechtigung von People of Colour hart erkämpfen und die Sensibilisierung der Menschen gegen Alltagsrassismus und Diskriminierung ein zentrales gesellschaftliches Anliegen ist, die Tiroler Bildungsdirektion mit derart rassistischen 'Malübungen' für Kinder auffällt."

Shetty fordert Entschuldigung und Konsequenzen

Shetty zeigte kein Verständnis dafür, dass das Dokument offenbar einer "redaktionellen Überprüfung" standgehalten hatte, bevor es online gestellt wurde. "Die für den Inhalt Verantwortlichen müssten sich umgehend öffentlich für diesen Vorfall entschuldigen sowie die notwendigen personellen Konsequenzen ziehen, damit derart rassistische und menschenverachtende Inhalte nicht mehr in den Tiroler Schulen zum Einsatz kommen", forderte der Neos-Bildungssprecher.

Der Verein Tiroler Bildungsservice hat den Zweck, den Einsatz digitaler Medien im Bildungswesen zu fördern. Er ist eng mit der Tiroler Bildungsdirektion verzahnt – der Vereinsvorstand ist personell quasi mit ihr deckungsgleich. Auch Bildungslandesrätin Beate Palfrader (ÖVP) und Bildungsdirektor Paul Gappmaier gehören diesem Vorstand an.

Zuständiger Redakteur bedauert Fehler

Auf Nachfrage erklärte der für das Onlinestellen zuständige Redakteur des Tibs, der selbst als Lehrer tätig ist: "In der Qualitätskontrolle wurde dieser rassistische Begriff bedauerlicherweise von mir übersehen. Es gab im Vorhinein Probleme mit den Schriftarten, die das Dokument unlesbar machten, sodass nur die Bilder von mir kontrolliert wurden. In der Annahme, dass ein Pädagoge die Grundkriterien beachtet, wurde das Arbeitsmaterial von mir leider in weiterer Folge unzureichend überprüft und nur die ersten Seiten des umfangreichen Dokuments angesehen. Auch in der Fülle an Aufgaben rund um das derzeitige Distance-Learning an den Schulen ist diese Kontrolle zu kurz gekommen. Nach der Rückmeldung und genauen Durchsicht wurde das Material natürlich sofort offline genommen. Es liegt mir fern, rassistische Inhalte über das Tiroler Bildungsservice an die Tiroler LehrerInnen zu übermitteln, und ich bedauere den Vorfall zutiefst." (ars, 1.2.2021)