Die Brüder Paul (26) und Julian (28) Zehetmayr wollten ihr Start-up eigentlich nicht verkaufen.

Foto: Martin Pacher

Das Jahr 2021 startete für Österreichs Gründerszene mit einer Exit-Meldung: Ende Jänner gab das von den Brüdern Julian und Paul Zehetmayr gegründete Start-up Apilayer bekannt, dass man vom US-Softwareriesen Idera, Inc. übernommen werde. Über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart, nicht einmal eine Größenordnung will man nennen. "Wir sind jedoch happy damit", sagt Paul Zehetmayr im Gespräch mit dem STANDARD. Ihr vorheriges Start-up, Mobfox, hatten die Brüder 2014 für 17,6 Millionen Dollar an die Matomy-Media-Gruppe verkauft.

Nun könnte man angesichts dieser Entwicklungen den Start-ups allgemein und vor allem den Zehetmayr-Brüdern vorwerfen, dass sie nicht an nachhaltigen Geschäftsmodellen, sondern lediglich an schnellen Exit-Erlösen interessiert seien. Doch in diesem Fall täuscht der erste Eindruck, wie Zehetmayr erläutert.

Gegründet für das eigene Bedürfnis

Denn Apilayer wurde gegründet, weil die Brüder selbst für ein internes Projekt eine API für die Umrechnung von Währungskursen gesucht hatten. Die Suche verlief recht erfolglos, weil die meisten am Markt verfügbaren Lösungen zu teuer und zu komplex in der Implementierung waren. Also entwickelten die Brüder kurzerhand eine eigene Lösung – und stellten diese später auch anderen Unternehmen zur Verfügung, da das entsprechende Bedürfnis auf dem Markt vorhanden war.

"In den nächsten sechs Jahren haben wir uns durch alle möglichen API-Nischenmärkte gekämpft", sagt Zehetmayr. Rund 20 unterschiedliche API-Produkte wurden entworfen, über die Jahre hinweg gab es rund 500.000 Kunden, die meisten davon aus dem B2B-Segment.

Apple und Netflix als Kunden

Und dieser Kundenstamm ist breit gefächert. Beginnend mit Ein-Personen-Unternehmen und Hobbyprogrammierern, reicht die Bandbreite bis zu Riesen der IT-Branche: Apple etwa nutzt die APIs zur Validierung von Steuernummern (UIDs). Netflix wiederum verwendet eine Schnittstelle von Apilayer, um einen User einem bestimmten Land zuzuordnen. Und zahlreiche Onlineshops nutzen das erste Produkt, die Wecheselkurs-API, um Preise in Echtzeit in die jeweilige Landeswährung umzurechnen.

"Dabei zahlen auch Apple und Netflix die Off-the-shelf-Preise", sagt Zehetmayr. Der Vorteil dabei: So ist Apilayer nicht von einzelnen Großkunden abhängig, sondern macht das Geschäft über die Masse.

Nicht auf den Exit hingearbeitet

Zehetmayr betont, dass man nicht auf den Exit hingearbeitet habe, sondern das Unternehmen stetig weiterentwickeln wollte. Im Herbst vergangenen Jahres sei man überraschend kontaktiert worden, dann sei es zu einer raschen Einigung gekommen.

Zum Zeitpunkt des Verkaufs sei das Unternehmen bereits "sehr profitabel" gewesen – auch weil diverse Prozesse automatisiert wurden. "Unter anderem war der Käufer wohl interessiert, weil wir kein klassisches Start-up sind, bei dem die Profitabilität an Stellenwert verliert", sagt Zehetmayr.

Keine Spur von Ruhestand

Das Team von Apilayer wird nun in das Unternehmen des Käufers integriert. Die Gründer-Brüder stehen ein Jahr als Berater zur Seite, werden aber nicht mehr operativ im Geschäft tätig sein.

Ob man sich angesichts der prall gefüllten Konten nun überlegt, im zarten Alter von 26 bzw. 28 Jahren bereits in den Ruhestand zu gehen? Mitnichten: Ein neues Start-up namens Stack Holdings GmbH wurde bereits gegründet, und dieses wollen die Brüder nun erneut wachsen lassen. Hier werden Produkte rund um Online-Rechnungen, elektronische Signaturen und SSL-Zertifikate geboten. Schon jetzt gibt es laut Zehetmayr knapp zwei Millionen Kunden, wiewohl nicht alle von ihnen zahlende Kunden sind. Unter anderem ist die Nachfrage nach Online-Signaturen und Online-Rechnungen durch die Pandemie stark gestiegen. (Stefan Mey, 1.2.2021)